William Shakespeare - Hamlet, 3. Akt, 1. Szene lyrics

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William Shakespeare - Hamlet, 3. Akt, 1. Szene lyrics

Ein Zimmer im Schlosse. Der KÖNIG, die KÖNIGIN, POLONIUS, OPHELIA, ROSENKRANT und GÜLDENSTERN. KÖNIG Und lockt ihm keine Wendung des Gesprächs Heraus, warum er die Verwirrung anlegt, Die seiner Tage Ruh so wild zerreißt Mit stürmischer, gefährlicher Verrücktheit? ROSENKRANZ Er gibt es zu, er fühle sich verstört, Allein wodurch, will er durchaus nicht sagen. GÜLDENSTERN Noch bot er sich der Prüfung willig dar, Hielt sich vielmehr mit schlauem Wahnwitz fern, Wenn wir ihn zum Geständnis bringen wollten Von seinem wahren Zustand. KÖNIGIN Und wie empfing er Euch? ROSENKRANZ Ganz wie ein Weltmann. GÜLDENSTERN Doch tat er seiner Fa**ung viel Gewalt. ROSENKRANZ Mit Fragen karg, allein auf unsre Fragen Freigebig mit der Antwort. KÖNIGIN Ludet Ihr Zu irgendeinem Zeitvertreib ihn ein? ROSENKRANZ Es traf sich grade, gnädge Frau, daß wir Schauspieler auf dem Wege eingeholt; Wir sagten ihm von diesen, und es schien, Er hörte dies mit einer Art von Freude. Sie halten hier am Hof herum sich auf Und haben, wie ich glaube, schon Befehl, Zu Nacht vor ihm zu spielen. POLONIUS Ja, so ists, Und mich ersucht' er, Eure Majestäten Zum Hören und zum Sehn des Dings zu laden. KÖNIG Von ganzem Herzen, und es freut mich sehr, Daß er sich dahin neigt. Ihr lieben Herrn, schärft seine Lust noch ferner Und treibt ihn zu Ergötzlichkeiten an! ROSENKRANZ Wir wollens, gnädger Herr. Rosenkranz und Güldenstern ab. KÖNIG Verlaß uns, liebe Gertrud, ebenfalls; Wir haben Hamlet heimlich herbestellt, Damit er hier Ophelien wie durch Zufall Begegnen mag. Ihr Vater und ich selbst, berufne Späher, Wir wollen so uns stellen, daß wir sehend, Doch ungesehn, von der Zusammenkunft Gewiß urteilen und erraten können, Obs seiner Liebe Kummer ist, ob nicht, Was so ihn quält. KÖNIGIN Ich werde Euch gehorchen. Was Euch betrifft, Ophelia, wünsch ich nur, Daß Eure Schönheit der beglückte Grund Von Hamlets Wildheit sei; dann darf ich hoffen, Daß Eure Tugenden zurück ihn bringen Auf den gewohnten Weg, zu beider Ehre. OPHELIA Ich wünsch es, gnädge Frau. Königin ab. POLONIUS Geht hier umher, Ophelia! - Gnädiger Herr, Nehmen wir unsern Platz! Zu Ophelia. Lest in dem Buch, Daß solcher Übung Schein die Einsamkeit Bemäntle. - Wir sind oft hierin zu tadeln - Gar viel erlebt mans -: mit der Andacht Mienen Und frommem Wesen überzuckern wir Den Teufel selbst. KÖNIG beiseit. O allzuwahr! Wie trifft Dies Wort mit scharfer Geißel mein Gewissen! Der Metze Wange, schön durch falsche Kunst, Ist häßlicher bei dem nicht, was ihr hilft, Als meine Tat bei meinem glattsten Wort. O schwere Last! POLONIUS Ich hör ihn kommen; ziehn wir uns zurück. König und Polonius ab. Hamlet tritt auf. HAMLET Sein oder Nichtsein; das ist hier die Frage: Obs edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern Des wütenden Geschicks erdulden oder, Sich waffnend gegen eine See von Plagen, Durch Widerstand sie enden? Sterben - schlafen - Nichts weiter! Und zu wissen, daß ein Schlaf Das Herzweh und die tausend Stöße endet, Die unsers Fleisches Erbteil, 's ist ein Ziel, Aufs innigste zu wünschen. Sterben - schlafen - Schlafen! Vielleicht auch träumen! Ja, da liegts: Was in dem Schlaf für Träume kommen mögen, Wenn wir die irdische Verstrickung lösten, Das zwingt uns stillzustehn. Das ist die Rücksicht, Die Elend läßt zu hohen Jahren kommen. Denn wer ertrüg der Zeiten Spott und Geißel, Des Mächtigen Druck, des Stolzen Mißhandlungen, Verschmähter Liebe Pein, des Rechtes Aufschub, Den Übermut der Ämter und die Schmach, Die Unwert schweigendem Verdienst erweist, Wenn er sich selbst in Ruhstand setzen könnte Mit einer Nadel bloß? Wer trüge Lasten Und stöhnt' und schwitzte unter Lebensmüh? Nur daß die Furcht vor etwas nach dem Tod, Das unentdeckte Land, von des Bezirk Kein Wandrer wiederkehrt, den Willen irrt, Daß wir die Übel, die wir haben, lieber Ertragen als zu unbekannten fliehn. So macht Bewußtsein Feige aus uns allen; Der angebornen Farbe der Entschließung Wird des Gedankens Blässe angekränkelt; Und Unternehmen, hochgezielt und wertvoll, Durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt, Verlieren so der Handlung Namen. - Still! Die reizende Ophelia! - Nymphe, schließ In dein Gebet all meine Sünden ein! OPHELIA Mein Prinz, wie geht es Euch seit so viel Tagen? HAMLET Dank untertänigst; wohl, wohl, wohl. OPHELIA Mein Prinz, ich hab von Euch noch Angedenken, Die ich schon längst begehrt zurückzugeben. Ich bitt Euch nun, nehmt sie zurück! HAMLET Nein, ich nicht; Ich gab Euch niemals was. OPHELIA Mein teurer Prinz, Ihr wißt gar wohl, Ihr tatets, Und Worte süßen Hauchs dabei, die reicher Die Dinge machten. Da ihr Duft dahin, Nehmt dies zurück; dem edleren Gemüte Verarmt die Gabe mit des Gebers Güte. Hier, gnädger Herr! HAMLET Haha! Seid Ihr tugendhaft? OPHELIA Gnädiger Herr? HAMLET Seid Ihr schön? OPHELIA Was meint Eure Hoheit? HAMLET Daß, wenn Ihr tugendhaft und schön seid, Eure Tugend keinen Verkehr mit Eurer Schönheit pflegen muß. OPHELIA Könnte Schönheit wohl bessern Umgang haben als mit der Tugend? HAMLET Ja freilich: denn die Macht der Schönheit wird eher die Tugend in eine Kupplerin verwandeln, als die Kraft der Tugend die Schönheit sich ähnlich machen kann. Dies war ehedem paradox, aber nun bestätigt es die Zeit. Ich liebte Euch einst. OPHELIA In der Tat, mein Prinz, Ihr machtet michs glauben. HAMLET Ihr hättet mir nicht glauben sollen, denn Tugend kann sich unserm alten Stamm nicht so einimpfen, daß wir nicht einen Geschmack von ihm behalten sollten. Ich liebte Euch nicht. OPHELIA Um so mehr wurde ich betrogen. HAMLET Geh in ein Kloster! Warum wolltest du Sünder zur Welt bringen? Ich bin selbst leidlich tugendhaft, dennoch könnte ich mich solcher Dinge anklagen, daß es besser wäre, meine Mutter hätte mich nicht geboren. Ich bin sehr stolz, rachsüchtig, ehrgeizig; mir stehn mehr Vergehungen zu Dienst, als ich Gedanken habe, sie zu hegen, Einbildungskraft, ihnen Gestalt zu geben, oder Zeit, sie auszuführen. Wozu sollen solche Gesellen wie ich zwischen Himmel und Erde herumkriechen? Wir sind ausgemachte Schurken, alle: trau keinem von uns! Geh deines Wegs zum Kloster! Wo ist Euer Vater? OPHELIA Zu Hause, gnädiger Herr. HAMLET Laßt die Tür hinter ihm abschließen, damit er den Narren nirgend anders spielt als in seinem eignen Hause. Leb wohl! OPHELIA O hilf ihm, gütger Himmel! HAMLET Wenn du heiratest, so gebe ich dir diesen Fluch zur Aussteuer: Sei so keusch wie Eis, so rein wie Schnee, du wirst der Verleumdung nicht entgehn. Geh in ein Kloster, leb wohl! Oder willst du durchaus heiraten, nimm einen Narren, denn gescheite Männer wissen allzu gut, was ihr für Ungeheuer aus ihnen macht. In ein Kloster, geh, und das schleunig! Leb wohl! OPHELIA Himmlische Mächte, stellt ihn wieder her! HAMLET Ich weiß auch von euren Malereien Bescheid, recht gut. Gott hat euch ein Gesicht gegeben, und ihr macht euch ein anders; ihr schlendert, ihr trippelt, und ihr lispelt und gebt Gottes Schöpfung verhunzte Namen und gebt eure Lüsternheit als Einfalt aus. Geht mir, nichts weiter davon, es hat mich toll gemacht. Ich sage, wir wollen nichts mehr von Heiraten wissen; wer schon verheiratet ist - alle außer einem -, soll das Leben behalten; die übrigen sollen bleiben, wie sie sind. In ein Kloster, geh! Hamlet ab. OPHELIA O welch ein edler Geist ist hier zerstört! Des Hofmanns Auge, des Gelehrten Zunge, Des Kriegers Arm, des Staates Blum und Hoffnung, Der Sitte Spiegel und der Bildung Muster, Das Merkziel der Betrachter: ganz, ganz hin! Und ich, der Fraun elendeste und ärmste, Die seiner Schwüre Honig sog, ich sehe Die edle, hochgebietende Vernunft Mißtönend wie verstimmte Glocken jetzt, Dies hohe Bild, die Züge blühnder Jugend, Durch Überschwang zerrüttet: Weh mir, wehe, Daß ich sah, was ich sah, und sehe, was ich sehe. Der König und Polonius treten wieder vor. KÖNIG Aus Liebe? Nein, sein Hang geht dahin nicht, Und was er sprach, obwohl ein wenig wüst, War nicht wie Wahnsinn. Ihm ist was im Gemüt, Worüber seine Schwermut brütend sitzt, Und, wie ich sorge, wird die Ausgeburt Gefährlich sein. Um dem zuvorzukommen, Hab ichs mit schleuniger Entschließung So vorgesehn: Er soll in Eil nach England, Den Rückstand des Tributes einzufordern. Vielleicht vertreibt die See, die neuen Länder Samt wechselvollen Gegenständen ihm Dies Etwas, das in seinem Herzen steckt, Worauf sein Kopf, beständig hinarbeitend, Ihn so sich selbst entzieht. Was meint Ihr dazu? POLONIUS Es wird ihm wohltun, aber dennoch glaub ich, Der Ursprung und Beginn von seinem Gram Sei unerhörte Liebe. - Nun, Ophelia? Ihr braucht uns nicht zu melden, was der Prinz Gesagt; wir hörten alles. - Gnädger Herr, Tut nach Gefallen; aber dünkts Euch gut, So laßt doch seine königliche Mutter Ihn nach dem Schauspiel ganz allein ersuchen, Sein Leid ihr kundzutun; sie mag nur rund Heraus ihn fragen. Ich, wenns Euch beliebt, Stell ins Gehör der Unterredung mich. Wenn sie es nicht herausbringt, schickt ihn dann Nach England oder schließt ihn irgendwo Nach Eurer Weisheit ein. KÖNIG Es soll geschehn; Wahnsinn bei Großen darf nicht ohne Wache gehn. Alle ab.

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