William Shakespeare - Hamlet, 1. Akt, 5. Szene lyrics

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William Shakespeare - Hamlet, 1. Akt, 5. Szene lyrics

Ein abgelegenerer Teil der Terra**e des Schloßes Der GEIST und HAMLET kommen. HAMLET Wo führst du hin mich? Red, ich geh nicht weiter. GEIST Hör an! HAMLET Ich wills. GEIST Schon naht sich meine Stunde, Wo ich den schweflichten, qualvollen Flammen Mich übergeben muß. HAMLET Ach, armer Geist! GEIST Beklag mich nicht, doch leih dein ernst Gehör Dem, was ich kund will tun. HAMLET Sprich! Mir ists Pflicht Zu hören. GEIST Auch zu rächen, wenn du erst Wirst hörn. HAMLET Was? GEIST Ich bin deines Vaters Geist; Verdammt auf eine Zeitlang, nachts zu wandern Und tags, gebannt, zu fasten in der Glut, Bis die Verbrechen meiner Zeitlichkeit Hinweggeläutert sind. Wär mirs nicht untersagt, Das Innre meines Kerkers zu enthüllen, So höb' ich eine Kunde an, von der Das kleinste Wort die Seele dir zermalmte, Dein junges Blut erstarrte, deine Augen Wie Stern' aus ihren Kreisen schießen machte, Dir die verworrnen krausen Locken trennte Und sträubte jedes einzelne Haar empor Wie Nadeln an dem zorngen Stacheltier; Doch diese ewge Offenbarung faßt Kein Ohr von Fleisch und Blut. - Horch, horch, o horch! Wenn du je deinen teuren Vater liebtest - HAMLET O Himmel! GEIST - räch seinen schnöden, unerhörten Mord! HAMLET Mord? GEIST Ja, schnöder Mord, wie er aufs beste ist, Doch dieser unerhört und unnatürlich. HAMLET Eil, ihn zu melden, daß ich auf Schwingen, rasch Wie Andacht und des Liebenden Gedanken, Zur Rache stürmen mag! GEIST Du scheinst mir willig; Auch wärst du träger als das feiste Kraut, Das ruhig Wurzel treibt an Lethes Bord, Erwachtest du nicht hier. Nun, Hamlet, höre: Es heißt, daß, als ich schlief in meinem Garten, Mich eine Schlange stach; so wird das Ohr des Reichs Durch den erlognen Hergang meines Todes Schmählich getäuscht! Doch wisse, edler Jüngling, Die Schlang, die deines Vaters Leben stach, Trägt seine Krone jetzt. HAMLET O mein prophetisches Gemüt! Mein Oheim? GEIST Ja, der blutschänderische Ehebrecher, Durch Witzes Zauber, durch Verrätergaben - O arger Witz und Gaben, die imstand So zu verführen sind! - gewann den Willen Der scheinbar tugendsamen Königin Zu schnöder Lust. O Hamlet, welch ein Abfall! Von mir, des Liebe von der Echtheit war, Daß Hand in Hand sie mit dem Schwure ging, Den ich bei der Vermählung tat, erniedert Zu einem Sünder, von Natur durchaus Armselig gegen mich! Allein wie Tugend nie sich reizen läßt, Buhlt Unzucht auch um sie in Himmelsbildung; So Lust, gepaart mit einem lichten Engel, Wird dennoch eines Götterbettes satt Und hascht nach Wegwurf. - Doch still, mich dünkt, ich wittre Morgenluft: Kurz laß mich sein. - Da ich im Garten schlief, Wie immer meine Sitte nachmittags, Beschlich dein Oheim meine sichre Stunde Mit Saft verfluchten Bilsenkrauts im Fläschchen, Und träufelt' in den Eingang meines Ohrs Das schwärende Getränk, wovon die Wirkung So mit des Menschen Blut in Feindschaft steht, Daß es durch die natürlichen Kanäle Des Körpers hurtig wie Quecksilber läuft, Und wie ein saures Lab, in Milch getropft, Mit plötzlicher Gewalt gerinnen macht Das leichte, reine Blut. So tat es meinem, Und Aussatz schuppte sich mir augenblicklich, Wie einem Lazarus, mit ekler Rinde Ganz um den glatten Leib. So ward ich schlafend und durch Bruderhand Um Leben, Krone, Weib mit eins gebracht, In meiner Sünden Blüte hingerafft, Ohn Abendmahl, ohn Beicht, ohn letzte Ölung, Die Rechnung nicht geschlossen, ins Gericht Mit aller Schuld auf meinem Haupt gesandt. [HAMLET] O schaudervoll! O schaudervoll, höchst schaudervoll! [GEIST] Hast du Natur in dir, so leid es nicht, Laß Dänmarks königliches Bett kein Lager Für Blutschand und verruchte Wollust sein! Doch wie du immer diese Tat betreibst, Befleck dein Herz nicht; dein Gemüt ersinne Nichts gegen deine Mutter; überlaß sie Dem Himmel und den Dornen, die im Busen Ihr stechend wohnen. Lebe wohl mit eins: Der Glühwurm zeigt, daß sich die Frühe naht, Und sein unwirksam Feuer wird schon bla**er. Ade! Ade! Ade! Gedenke mein! Ab. HAMLET O Heer des Himmels! Erde! - Was noch sonst? Nenn ich die Hölle mit? O pfui! Halt, halt, mein Herz! Ihr meine Sehnen, altert nicht sogleich, Tragt fest mich aufrecht! Dein gedenken? Ja, Du armer Geist, solang Gedächtnis haust In dem zerstörten Ball hier. Dein gedenken? Ja, von der Tafel der Erinnrung will ich Weglöschen alle törichten Geschichten, Aus Büchern alle Sprüche, alle Bilder, Die Spuren des Vergangnen, welche da Die Jugend einschrieb und Beobachtung; Und dein Gebot soll leben ganz allein Im Buche meines Hirnes, unvermischt Mit minder würdgen Dingen. Ja, beim Himmel! O höchst verderblich Weib! O Schurke, lächelnder, verdammter Schurke! Schreibtafel her, ich muß mirs niederschreiben, Daß einer lächeln kann und immer lächeln Und doch ein Schurke sein; zum wenigsten Weiß ich gewiß, in Dänmark kanns so sein. Schreibt. Da steht Ihr, Oheim! - Jetzt zu meiner Losung! Sie heißt: Ade, ade! Gedenke mein! - Ich habs geschworen. HORATIO hinter der Szene. Mein Prinz! Mein Prinz! MARCELLUS hinter der Szene. Prinz Hamlet! HORATIO hinter der Szene. Gott beschütz ihn! HAMLET So sei es! MARCELLUS hinter der Szene. Heda, ho! Mein Prinz! HAMLET Ha, heißa, Junge! Komm, Vogel, komm! Horatio und Marcellus kommen. MARCELLUS Wie stehts, mein gnädger Herr? HORATIO Was gibts, mein Prinz? HAMLET O wunderbar! HORATIO Sagt, bester, gnädger Herr! HAMLET Nein, Ihr verratets. HORATIO Ich nicht, beim Himmel, Prinz. MARCELLUS Ich gleichfalls nicht. HAMLET Was sagt Ihr? Sollts 'ne Menschenseele denken? - Doch Ihr wollt schweigen? - HORATIO und MARCELLUS Ja, beim Himmel, Prinz! HAMLET Es lebt kein Schurk im ganzen Dänemark, Der nicht ein ausgemachter Bube wär. HORATIO Es braucht kein Geist vom Grabe herzukommen, Uns das zu sagen. HAMLET Richtig, Ihr habt recht! Und so, ohn alle weitre Förmlichkeit, Denk ich, wir schütteln uns die Händ und scheiden; Ihr tut, was Euch Beruf und Neigung heißt - Denn jeder Mensch hat Neigung und Beruf, Wie sie denn sind -, ich für mein armes Teil, Seht Ihr, will beten gehn. HORATIO Dies sind nur wirblichte und irre Worte, Herr. HAMLET Es tut mir leid, daß sie Euch ärgern, herzlich; Wahrhaftig herzlich. HORATIO Kein Ärgernis, mein Prinz! HAMLET Doch, bei Sankt Patrik, gibt es eins, Horatio; Groß Ärgernis. Was die Erscheinung angeht, Ich sag Euch, 's ist ein ehrliches Gespenst. Die Neugier, was es zwischen uns doch gibt, Bemeistert, wie Ihr könnt. Und nun, Ihr Lieben, Wofern Ihr Freunde seid, Mitschüler, Krieger, Gewährt ein Kleines mir! HORATIO Was ists? Wir sind bereit. HAMLET Macht nie bekannt, was Ihr die Nacht gesehn! HORATIO und MARCELLUS Wir wollens nicht, mein Prinz. HAMLET Gut, aber schwört! HORATIO Auf Ehre, Prinz, ich nicht! MARCELLUS Noch ich, auf Ehre! HAMLET Schwört auf mein Schwert! MARCELLUS Wir haben schon geschworen. HAMLET Im Ernste, auf mein Schwert, im Ernste. GEIST unter der Erde. Schwört! HAMLET Haha, Bursch, sagst du das? Bist du da, Grundehrlich? Wohlan - Ihr hört im Keller den Gesellen - Bequemt Euch denn, zu schwören! HORATIO Sagt den Eid! HAMLET Niemals von dem, was Ihr gesehn, zu sprechen, Schwört auf mein Schwert! GEIST unter der Erde. Schwört! HAMLET Hic et ubique? Wechseln wir die Stelle! Hierher, Ihr Herren, kommt Und legt die Hände wieder auf mein Schwert; Schwört auf mein Schwert, Niemals von dem, was Ihr gehört, zu sprechen. GEIST unter der Erde. Schwört auf sein Schwert! HAMLET Brav, alter Maulwurf! Wühlst so hurtig fort? O trefflicher Minierer! - Nochmals weiter, Freunde! HORATIO Beim Sonnenlicht, dies ist erstaunlich fremd. HAMLET So heiß als einen Fremden es willkommen. Es gibt mehr Ding' im Himmel und auf Erden, Als Eure Schulweisheit sich träumt, Horatio. Doch kommt! Hier, wie vorhin, schwört mir, so Gott Euch helfe, Wie fremd und seltsam ich mich nehmen mag, Da mirs vielleicht in Zukunft dienlich scheint, Ein wunderliches Wesen anzulegen, Ihr wollet nie, wenn Ihr alsdann mich seht, Die Arme so verschlingend, noch die Köpfe So schüttelnd, noch durch zweifelhafte Reden, Als: Nun, nun, wir wissen - oder: Wir könnten, Wenn wir wollten - oder: Ja, wenn wir reden möchten - Oder: Es gibt ihrer, wenn sie nur dürften - Und solch verstohlnes Deuten mehr, verraten, Daß Ihr von mir was wisset: Dieses schwört, So Gott in Nöten und sein Heil Euch helfe! GEIST unter der Erde. Schwört! HAMLET Ruh, ruh, verstörter Geist! - Nun, liebe Herrn, Empfehl ich Euch mit aller Liebe mich, Und was ein armer Mann, wie Hamlet ist, Vermag, Euch Lieb und Freundschaft zu bezeugen, So Gott will, soll nicht fehlen. Laßt uns gehn Und, bitt ich, stets den Finger auf den Mund! Die Zeit ist aus den Fugen; Fluch der Pein, Muß ich sie herzustelln geboren sein! - Nun kommt, laßt uns zusammen gehn. Alle ab.

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