William Shakespeare - Hamlet, 1. Akt, 4. Szene lyrics

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William Shakespeare - Hamlet, 1. Akt, 4. Szene lyrics

Die Terra**e. HAMLET, HORATIO und MARCELLUS treten auf. HAMLET Die Luft geht scharf, es ist entsetzlich kalt. HORATIO 's ist eine schneidende und strenge Luft. HAMLET Was ist die Uhr? HORATIO Ich denke, nah an zwölf. MARCELLUS Nicht doch, es hat geschlagen. HORATIO Wirklich schon? Ich hört es nicht; so rückt heran die Stunde, Worin der Geist gewohnt ist umzugehn. Trompetenstoß und Geschütz abgefeuert hinter der Szene. Was stellt das vor, mein Prinz? HAMLET Der König wacht die Nacht durch, zecht vollauf, Hält Schmaus und taumelt den geräuschgen Walzer; Und wie er Züge Rheinweins niedergießt, Verkünden schmetternd Pauken und Trompeten Den ausgebrachten Trunk. HORATIO Ist das Gebrauch? HAMLET Nun freilich wohl. Doch meines Dünkens, bin ich eingeboren Und drin erzogen schon, ists ein Gebrauch, Wovon der Bruch mehr ehrt als die Befolgung. Dies schwindelköpfge Zechen macht verrufen Bei andern Völkern uns in Ost und West; Man heißt uns Säufer, hängt an unsre Namen Ein schmutzig Beiwort; und fürwahr, es nimmt Von unsern Taten, noch so groß verrichtet, Den Kern und Ausbund unsers Wertes weg. So geht es oft mit einzeln Menschen auch, Daß sie durch ein Naturmal, das sie schändet, Als etwa von Geburt - worin sie schuldlos, Weil die Natur nicht ihren Ursprung wählt -, Ein Übermaß in ihres Blutes Mischung, Das Dämm und Schanzen der Vernunft oft einbricht, Auch wohl durch Angewöhnung, die zu sehr Den Schein gefällger Sitten überrostet - Daß diese Menschen, sag ich, welche so Von einem Fehler das Gepräge tragen - Sei's Farbe der Natur, sei's Fleck des Zufalls -, Und wären ihre Tugenden so rein Wie Gnade sonst, so zahllos wie ein Mensch Sie tragen mag: in dem gemeinen Tadel Steckt der besondre Fehl sie doch mit an, Der Gran von Schlechtem zieht des edlen Wertes Gehalt herab in seine eigne Schmach. Der Geist kommt. HORATIO O seht, mein Prinz, es kommt! Der Geist kommt. HAMLET Engel und Boten Gottes, steht uns bei! - Sei du ein Geist des Segens, sei ein Kobold, Bring Himmelslüfte oder Dampf der Hölle, Sei dein Beginnen boshaft oder liebreich, Du kommst in so fragheischender Gestalt, Daß ich dich sprechen will. Ich nenn dich, Hamlet, Fürst, Vater, Dänenkönig; o gib Antwort! Laß mich in Blindheit nicht vergehn! Nein, sag, Warum dein fromm Gebein, verwahrt im Tode, Die Leinen hat gesprengt, warum die Gruft, Worin wir ruhig eingeurnt dich sahn, Geöffnet ihre schweren Marmorkiefer, Dich wieder auszuwerfen? Was bedeutets, Daß, toter Leichnam, du in vollem Stahl Aufs neu des Mondes Dämmerschein besuchst, Die Nacht entstellend, daß wir Narren der Natur So fürchterlich uns schütteln mit Gedanken, Die unsern Seelen nicht erreichbar sind? Sag, was ist dies? Warum? Was solln wir tun? Der Geist winkt Hamlet zu sich. HORATIO Es winkt Euch zu, mit ihm hinwegzugehn, Als obs nach einer Mitteilung verlangte An Euch allein. MARCELLUS Seht, wie es Euch mit freundlicher Gebärde Hinweist an einen mehr entlegnen Ort; Geht aber nicht mit ihm! HORATIO Nein, keineswegs! HAMLET Es will nicht sprechen; wohl, so folg ich ihm. HORATIO Tuts nicht, mein Prinz! HAMLET Was wäre da zu fürchten? Mein Leben acht ich keine Nadel wert; Und meine Seele, kann es der was tun, Die ein unsterblich Ding ist, wie es selbst? Es winkt mir wieder fort, ich folg ihm nach. HORATIO Wie, wenn es hin zur Flut Euch lockt, mein Prinz, Vielleicht zum grausen Gipfel jenes Felsen, Der in die See nickt über seinen Fuß? Und dort in andre Schreckgestalt sich kleidet, Die der Vernunft die Herrschaft rauben könnte Und Euch zum Wahnsinn treiben? O bedenkt! Der Ort an sich bringt Grillen der Verzweiflung Auch ohne weitern Grund in jedes Hirn, Der so viel Klafter niederschaut zur See Und hört sie unten brüllen. HAMLET Immer winkt es. - Geh nur, ich folge dir. MARCELLUS Ihr dürft nicht gehn, mein Prinz! HAMLET Die Hände weg! HORATIO Hört uns, Ihr dürft nicht gehn! HAMLET Mein Schicksal ruft Und macht die kleinste Ader dieses Leibes So fest als Sehnen des Nemeer Löwen. Der Geist winkt. Es winkt mir immerfort: laßt los!! Sich von ihnen losreissend. Beim Himmel! Reißt sich los. Den mach ich zum Gespenst, der mich zurückhält! Ich sage, fort! - Voran, ich folge dir. Der Geist und Hamlet ab. HORATIO Er kommt ganz außer sich vor Einbildung. MARCELLUS Ihm nach! Wir dürfen ihm nicht so gehorchen. HORATIO Kommt, folgen wir! Welch Ende wird dies nehmen? MARCELLUS Etwas ist faul im Staate Dänemarks. HORATIO Der Himmel wird es lenken. MARCELLUS Laßt uns gehn! Beide ab.

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