Was für ne Gegend, was für eine Stadt Die fensterlosen Häuser setzen dich schachmatt Die Straßen ohne Richtung, der Himmel ohne Glanz Der Mond zerbröckelt seine Traumsubstanz Ich weiß nicht: Soll ich sterben oder singen? Wer hört hier Lieder? Und vor allen Dingen Wo sind hier Menschen? Ich sehe nur Schatten Im Hinterhof bekriegen Katzen sich und Ratten Was für ein Regen, was für eine Bar Wie müde ich nach einem Drink schon war Nur ein paar Säufer warn zur Deko hier Und hinterm Tresen steht ein ranziges Klavier „Wer wird jetzt singen?“, dachte ich. Wer singt? Wer weiß, wie diese Teufelsorgel klingt? Wer weiß, ob da nicht schon Kollegen spielten? Ich merkte nach und nach, wie alle nach mir schielten Ich steh jetzt auf, geh vor und überrasche sie Ich spiele jetzt die einzige relevante Melodie Hier hat doch sicher wer ein Lied bestellt Ich spiel das traurigste, das traurigste der Welt Und ich sang von meiner armen Tante Die sich halb blind an nen Pa**anten wandte „Steh ich am rechten Gleis? Ich sehe nicht genug.“ Der hatte schlechte Laune und er warf sie vor den Zug Und ich sang von meinem Onkel Peter Der war so lang geraten, fast zwei Meter Der fuhr Motorrad, auch mal in Saarbrücken Doch vor dem Tunnel, vergaß er sich zu bücken Und ich sang weinend von Cousine Bine Die war ne p**noproduktionsmaschine Und dann verliebt sie sich tatsächlich in nen Mann Der durch ne Kriegsverletzung unten rum nicht kann Und ich sag schluchzend auch von meinem Hund Der hatten einen viel zu kleinen Mund Und er stand jaulend vor den schönsten Knochen Da ist sein armes Hundeherz gebrochen Was für ein Lied und war für ein Applaus Ein Fußtritt und ich war zur Tür heraus Ein Mann steht dort mit Anzug und Melone Ich weiß schon, was das ist: Das ist ne Plattenfirmendrohne Um ihn rum stehn alte Frauen auf der Straße Unfallopfer mit gebrochner Nase Blindenstock und Binde, ich zähle über hundert „Komisch!“, sagt der Mann. „Da** dich das noch wundert.“ Ich flieh entsetzt, ihr Blindenstockgeklapper Wächst drohend an, der Abstand immer knapper Der Mann schreit lauter: „Benutz mal dein Verstand Was du auch singst, wird sofort wahr in diesem Land!“ Da plötzlich nackte Frauenmarionetten Die sich obszön in roten Seidentüchern betten Die Puppenspielerin im Hintergrund erscheint Ich ruf „Cousinchen“, doch sie hört mich nicht und weint Ich werde seitlich von nem Pudel angestiert Der hat ein Herz, das ständig explodiert Dann hör ichs klappern: Die toten Tanten kommen an Und kopflos unter ihnen: Ein Riesenmann Und ich singe von nem besseren Leben An dem die Tanten an der Decke kleben An dem die Onkel kleiner sind als Dackel Mit langen Ohren und mit Schwanzgewackel Und ich sing von wunderschönen Frauen Die werden hässlich, wenn sie in den Spiegel schauen Und von Männern, deren Hoden schwinden Wenn sie die Liebe ihres Lebens finden Und ich sing von Schlössern und Palästen Die sich wie Kannibalen gegenseitig mästen Großes Haus frisst Haus mit Lampe Und landet selber in der Reichstagswampe Und dann sing ich schließlich von mir selber Wie ich immer dicker werde, immer gelber Und dann bin ich eine Sonne und dann mach ich „Bumm!“ Und dann guckt ihr alle blöde und dann fallt ihr um