Neustädtische Stra**e auf der Ecke Reichtagsufer, mitten im mittesten Mitte, grad aus dem Boden gestampft: ein Haus wie ein Knast, d'rin das Ristorante "la tartuffa", eine Baustelle davor, ein frischer Hundehaufen dampft. Das Menü wellt sich im Fenster in Kondenswa**ergerinseln, 'nen Parkplatz kriegst du nie, und die Gegend ist, weiss Gott, nicht toll, doch eh' du Einla** findest, musst du draussen betteln, musst du winseln, denn wann immer du auch kommst, der laus'ge Laden ist schon brechend voll, denn da ist Serafina, und Serafina strahlt wie ein Gestirn, Serafina - sie sieht dich an und sieht dir direkt ins Gehirn! Und sie sagt: "Buongiorno, signore", "Benvenuto, signore", "Ha riservato, signore?", "Un momento, signore!" Und Serafina sagt: "Prego, signore!" Und du kannst dein Glück kaum fa**en, sie hat dich wirklich eingela**en, du möchtest auf die Knie fallen und ihren Namen lallen: Serafina! Da drängen sich die Baulöwen, die Schlitzohren und Investoren, die Goldkettchenträger, ach, da schmachten Kiez und Kapital und fragen sich: "Was hat so eine Schönheit hier verloren, wie kommt so eine Göttin in so ein schäbiges Lokal?" Sie schwebt an ihnen vorbei, sie lässt sie hungern, lässt sie warten, sie seh'n sich nach ihr um und alle träumen sich mit ihr auf und davon, die mit den Chauffeurlimousinen draussen, die BMW-Yuppies, die smarten, und die ganz frisch dazugereisten Polithanseln aus Bonn, mit Serafina, sanft wie die Hügel der Toscana ist ihr Leib, Serafina, wie der Vesuv und wie die Blaue Grotte ist dies Weib! Und sie sagt: "Come sta, signore?", "La carta, signore?", "Un po' d'acqua, signore?", "Oggi le raccomando, signore..." Und Serafina sagt: "Buon appetito, signore!" Und du hörst die Banker ächzen, siehst die Senatoren lechzen, an ihren Grissinis knabbern und ihren Namen sabbern: Serafina! Da** das Essen, wenn's denn kommt, nur schwer geniessbar ist, ist schnuppe, da** es auch nicht ist, was grad bestellt wurde, ist allen klar: Hauptsache, Serafina hält ihren Daumen in die Suppe, und in den Antipasti liegt ihr langes, schwarzes Haar. Da mag der Pinot Grigio lauwarm sein, die Pasta kalt und nicht al dente - was soll's, ihr Lächeln ist voll Anmut, und ihr Gang ist eine Zier, und für den armen, kleinen Wein im Glas sprudeln die Komplimente, Hauptsache ist, der Lippenstift am Glas ist auch von ihr, von Serafina, leibhaft'ge Muschelvenus, Botticellis Kind, Serafina, nicht, wie die magersücht'gen Models alle sind! Und sie fragt: "Era buono, signore?", "Un capuccino, signore?", "Un digestivo, signore?", "Il conto, signore?" Und Serafina haucht: "Arrivederci, signore". Und die Parlamentsmitglieder schlagen stumm die Augen nieder: sie einmal unter der blitzenden Reichtagskuppel besitzen: Serafina! Die Geldsäcke, die Wichtigtuer können es einfach nicht fa**en, da** man dies engelsgleiche Traumgeschöpf für kein Geld kaufen kann. Sie können alle Kohle dieser Welt im Teller mit der Rechnung la**en, sie lächelt durch alle hindurch, und nur einen lächelt sie an: Der ist Spüler in der Küche, heisst Va**ili und kommt gradewegs wie sie aus Otjakov bei Odessa, dem gleichen winz'gen Ort, und wenn der letzte Gast gegangen ist, ist Schluss mit der Maskerade, wirft sie sich ihm an den Hals und die Italienisch-Brocken über Bord Und ist Valentina, ein Herz wie Tundra, Taiga und der Baikalsee, Valentina, die Seele wie der Don so weit und weiss wie Schnee! Und sie sagt: (kyrillische Satzzeichen), und: (kyrillische Satzzeichen), und: (kyrillische Satzzeichen), und: (kyrillische Satzzeichen). Und Valentina sagt: (kyrillische Satzzeichen). Valjuscha, sieben weisse Birken können nicht lieblicher wirken, alle Ebnen der Ukraine sind nicht so eben wie deine: Valentina!