Immer montags nach Einbruch der Dämmerung seh‘ ich den kleinen, grauen Pfarrer mit dem Fahrrad fahr‘n. Zwei Plastiktüten mit leeren Weinflaschen voll am Lenker schlenkernd zum Glascontainer karr‘n. Und da nimmt er die Flaschen, doch er wirft sie nicht rein, Er legt sie einzel, behutsam und liebevoll hinein. Denn am Montag ist der Glascontainer immer fast voll, Dann geht das lautlos und keiner hört, was er nicht soll. Und er faltet die Tüten in der Dunkelheit, Und dann schaukelt er zurück in seine Grabeseinsamkeit. Selig, die Abgebrochenen, Die Verwirrten, die in sich Verkrochenen. Die Ausgegrenzten, die Gebückten, Die an die Wand Gedrückten, Selig sind die Verrückten! Da ist Kurti und Kurti ist ein Fan von James Dean, der sammelt alles über ihn und fragt mich dann und wann, Weil ich doch auch ab und zu mal beim Fernsehn bin, ob ich ihm nicht ein Autogramm von ihm mitbringen kann. Ich hab‘ ihm schon mal eins von Harald Juhnke mitgebracht. Ich glaub‘, das hat ihn wirklich glücklich gemacht. In dem Album, das er mit sich rumträgt klebt es nun Bei "Giganten" und "denn sie wissen nicht, was sie tun". Hin und wieder an der Haltestelle seh‘ ich ihn, Und dann winkt er mir zu und er unterhält sich weiter... - mit James Dean! Selig, die Abgebrochenen, Die Verwirrten, die in sich Verkrochenen. Die Ausgegrenzten, die Gebückten, Die an die Wand Gedrückten, Selig sind die Verrückten! Das Jüngste war ein halbes Jahr, als er abgehau‘n ist und sie weiß nicht, wie sie mit den dreien durchkommen soll. Keinen Job außer Haus ohne Kindergartenplatz. Ein Nachbar hilft mal mit ‘nem Schein und ist verständnisvoll. Und er redet mit ihr und bleibt auch mal über Nacht. Und irgendwann hat sie‘s auch mal für Geld gemacht, Den Widerwillen überwunden und den Frust verdrängt, Ein rotes Neonherz ins Wohnsilofenster gehängt. Wenn die Kinder endlich schlafen, dann leuchtet es weit In die Betonwüste und sagt, hier gibt es Liebe in dieser Eisenzeit! Selig, die Abgebrochenen, Die Verwirrten, die in sich Verkrochenen. Die Ausgegrenzten, die Gebückten, Die an die Wand Gedrückten, Selig sind die Verrückten! Die Alte tanzt mit ihrem steinalten, unförmigen Hund vor der Pommes-Bude rum und spricht dich zahnlos an, Ob du ihr vielleicht eine oder auch fünf Mark geben kannst, nein, nicht für sie - damit sie ihrem Hund ‘ne Wurst kaufen kann. Der räud‘ge Köter ist ihr Freund und ihr ganzes Kapital. Für‘n Menschen gibt keiner was, für den Hund schon manchmal. Der sieht dann zu, wie sie sich seine Gage einverleibt Und kriegt, was auf dem Pappteller noch übrigbleibt. Und macht Männchen für den allerletzten Tropfen Bier. Und sie weiß, was sie an ihm hat und er an ihr. Selig, die Abgebrochenen, Die Verwirrten, die in sich Verkrochenen. Die Ausgegrenzten, die Gebückten, Die an die Wand Gedrückten, Selig sind die Verrückten! Sven hat sich aus der fahrenden U-Bahn gehängt zwischen Bahnhof Gleisdreieck und Hallesches Tor, Ein bisschen mutiger als die andern, bisschen weiter noch, Und da stand so‘n blöder Mast ein bisschen weiter vor. Svens Mutter arbeitet alleine und macht Doppelschicht, Sven ist schmächtig und bla** und hat ein Pickelgesicht, Sven hat keine Base-Ball-Mütze und kein Mountainbike, Auf Svens Kleidung steht nicht Diesel, Levis und Nike. Und jetzt hat der Unfall ihm das bisschen Zukunft vergeigt, Aber einmal im Leben, einmal hat er‘s allen gezeigt! Selig, die Abgebrochenen, Die Verwirrten, die in sich Verkrochenen. Die Ausgegrenzten, die Gebückten, Die an die Wand Gedrückten, Selig sind die Verrückten!