Homer - Odyssee - Kapitel 48 lyrics

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Homer - Odyssee - Kapitel 48 lyrics

Lärmend stürzten anjetzo die Mägde mit Lilienarmen Aus dem Saale herein: da verließ sie der süße Schlummer; Und sie rieb mit den Händen die schönen Wangen, und sagte: 200 Ach ein sanfter Schlaf umhüllte mich Herzlichbetrübte! Einen so sanften Tod beschere die göttliche Jungfrau Artemis mir, jetzt gleich! damit ich Arme nicht länger Mich abhärme, vor Gram um meines trauten Gemahles Edles Verdienst; denn er war der Herrlichste aller Achaier! 205 Also sprach sie, und stieg vom prächtigen Söller herunter, Nicht allein; sie wurde von zwo Jungfrauen begleitet. Als das göttliche Weib die Freier jetzo erreichte, Stand sie still an der Schwelle des schönen gewölbeten Saales; Ihre Wangen umwallte der feine Schleier des Hauptes, 210 Und an jeglichem Arm stand eine der stattlichen Jungfraun. Allen erbebten die Knie', es glühten die Herzen vor Inbrunst, Und vor banger Begierde mit ihr das Lager zu teilen. Und zu Telemachos sprach die zärtliche Penelopeia: Sohn, in deinem Herzen ist weder Verstand noch Empfindung! 215 Weit vernünftiger hast du dich schon als Knabe bewiesen! Nun da du größer bist, und des Jünglings Alter erreicht hast, Und ein Fremder sogar aus der schönen und trefflichen Bildung Schließen kann, du seist von edlem Samen entsprossen; Siehe nun zeigt dein Herz so wenig Verstand als Empfindung! 220 Welch unwürdige Tat ist hier im Saale geschehen! Da man den Fremdling so sehr mißhandelte, saßest du ruhig? Aber wie? wenn ein Fremdling bei uns in unserem Hause Hilfe sucht, und dann so schnöde Beleidigung duldet! Dieses bringt dir ja Schimpf und Verachtung unter den Menschen! 225 Und der verständige Jüngling Telemachos sagte dagegen: Meine Mutter, ich will nicht murren, daß du mir zürnest. Freilich fehlt es mir jetzo nicht mehr an Verstand und Erfahrung Gutes und Böses zu sehn; (denn ehmals war ich ein Knabe!) Aber ich kann nicht immer die klügsten Gedanken ersinnen; 230 Denn mich betäubt die Furcht vor diesen Übelgesinnten, Welche mich rings umgeben; und niemand ist, der mir helfe. Aber des Fremdlings Kampf mit Iros endigte gleichwohl Nicht nach der Freier Sinn; denn dieser war stärker als Iros. Gäbe doch Vater Zeus, Athene und Phöbos Apollon, 235 Daß auch jetzo die Freier, in unserem Hause bezwungen, So ihr schwindelndes Haupt hinneigeten, draußen im Vorhof, Oder auch hier im Saal, an allen Gliedern gelähmet: So wie dort an der Pforte des Hofs der zerschlagene Iros Jetzo mit wa*kendem Haupt, gleich einem Betrunkenen, dasitzt, 240 Und auf seinen Füßen nicht grade zu stehen, noch wieder Heimzukehren vermag, weil seine Glieder gelähmt sind! Also besprochen diese sich jetzo untereinander, Aber Eurymachos wandte sich drauf zu Penelopeia: O Ikarios' Tochter, du kluge Penelopeia, 245 Sähen dich die Achaier im ganzen jasischen Argos, Wahrlich vom Morgen an erschienen noch mehrere Freier Hier im Palaste zum Schmaus; denn dir gleicht keine der Weiber An Gestalt, an Größe, und Trefflichkeiten des Geistes! Ihm antwortete drauf die kluge Penelopeia: 250 Ach! die Tugend des Geistes, Eurymachos, Schönheit und Bildung, Raubten die Himmlischen mir am Tage, da die Argeier Schifften gen Troja, mit ihnen mein trauter Gemahl Odysseus! Kehrete jener von dannen, und lebt' in meiner Gesellschaft; Ja dann möchte mein Ruhm wohl größer werden und schöner. 255 Aber jetzo traur' ich; denn Leiden beschied mir ein Dämon! Ach! da er Abschied nahm am vaterländischen Ufer, Faßt' er mich bei der Rechten, und sprach mit freundlicher Stimme: Frau, ich vermute nicht, die schöngeharnischten Griechen Werden alle gesund und wohl von Ilion kehren. 260 Denn wie man sagt, sind auch die Troer streitbare Männer, Mit Wurfspießen geübt, und geübt den Bogen zu spannen, Und schnellfüßige Rosse der Schlacht zu lenken, die immer Hurtig den großen Kampf des blutigen Krieges entscheiden. Darum weiß ich nicht, ob Gott von Troja mich heimführt, 265 Oder mich dort abfodert. Du sorg' hier fleißig für alles! Pfleg' auch meinen Vater und meine Mutter im Hause, So wie bisher, ja noch sorgfältiger, wann ich entfernt bin. Siehst du aber den Sohn im ersten Barte der Jugend; Magst du das Haus verla**en, und, wem du willst, dich vermählen. 270 Also sprach er zuletzt; das wird nun alles erfüllet! Kommen wird einst die Nacht, die schreckliche Nacht der Vermählung! Mir unglücklichen Frau, die Zeus des Heiles beraubt hat! Aber vor allen kränket mich das in der Tiefe des Herzens: Unter den Freiern galt ja sonst nicht diese Begegnung! 275 Denn die ein edles Weib und eines Begüterten Tochter Sich zur Gemahlin wünschen, und Nebenbuhler befürchten, Diese bringen ja Rinder und fette Schafe zum Schmause Für die Freunde der Braut, und schenken ihr köstliche Gaben; Aber verschwelgen nicht so umsonst ein fremdes Vermögen! 280 Sprach's; da freuete sich der herrliche Dulder Odysseus, Daß sie von ihnen Geschenke zog, und mit freundlichen Worten Ihre Herzen bestrickte, doch anders im Herzen gedachte. Aber Eupeithes' Sohn Antinoos gab ihr zur Antwort: O Ikarios' Tochter, du kluge Penelopeia, 285 Was dir jeder Achaier an köstlichen Gaben hieherbringt, Dieses empfang'; es wäre nicht fein, das Geschenk dir zu weigern. Aber wir weichen nicht eh' zu den Unsrigen oder zu andern, Eh' du den besten Achaier zu deinem Bräutigam wählest! Also sprach er, und allen gefiel Antinoos' Rede. 290 Und die Geschenke zu bringen, entsandte jeder den Herold. Für Antinoos bracht' er ein prächtiges blumengesticktes Großes Frauengewand: zwölf schöne goldene Häklein Waren daran, und faßten in schöngebogene Ösen. Für Eurymachos bracht' er ein köstliches Halsgeschmeide, 295 Lauteres Gold, mit Ambra besetzt, der Sonne vergleichbar. Für Eurydamas brachten zwei Ohrgehenke die Diener, Dreigestirnt, und künstlich gemacht, mit strahlender Anmut. Aus Peisandros' Palast, des polyktoridischen Königs, Brachte der Diener ein reiches und lieblichschimmerndes Halsband. 300 lso schenkte jeder Achaier ein anderes Kleinod. Und das göttliche Weib stieg wieder zur oberen Wohnung; Ihre Jungfraun trugen der Freier schöne Geschenke. Aber die Freier wandten sich wieder zum Tanz und Gesange, Und belustigten sich, bis ihnen der Abend herabsank. 305 Als den Lustigen nun der dunkle Abend herabsank, Setzten sie alsobald drei Feuerfässer im Saale Ihnen zu leuchten umher, und häuften trockene Splitter, Welche sie frisch mit dem Erz aus dürrem Holze gespalten, Und Kienstäbe darauf. Die Mägde des Helden Odysseus 310 Gingen vom einen zum andern, und schürten die sinkende Flamme. Aber zu ihnen sprach der göttliche weise Odysseus: O ihr Mägde Odysseus', des langabwesenden Königs, Geht zu den Wohnungen hin, wo die edle Königin wohnet; Sitzt bei ihr im Saale, sie aufzuheitern, und drehet 315 Fleißig die Spindel, oder bereitet die flockichte Wolle. Diese will ich schon alle mit leuchtender Flamme versorgen. Blieben sie auch die ganze Nacht, bis der Morgen sich rötet; Mich ermüden sie nicht; ich bin zum Dulden gehärtet. Also sprach er; da lachten sie laut, und sahn nacheinander. 320 Aber nun fuhr ihn Melantho, die rosenwangichte Tochter Dolios, an. Es hatte sie Penelopeia erzogen, Und wie ihr Kind gepflegt, und jeden Wunsch ihr gewähret: Dennoch rührte sie nicht der Kummer Penelopeiens; Sondern sie buhlte geheim mit Eurymachos, ihrem Geliebten. 325 Diese lästerte schändlich den edlen Dulder Odysseus: Elender Fremdling, du bist wohl deiner Sinne nicht mächtig: Daß du nicht gehst, die Nacht in der Herberg', oder des Schmiedes Warmer Esse zu ruhn; und hier in der großen Gesellschaft Solcher Männer so dreist, und ohne jemand zu fürchten, 330 Plauderst! Traun dich betört der Weinrausch, oder du bist auch Immer ein solcher Geck, und schwatzest solche Geschwätze! Oder schwindelt dein Hirn, weil du Iros, den Bettler, besiegt hast? Daß sich nur keiner erhebe, der tapferer streitet als Iros! Denn er möchte dein Haupt mit starken Fäusten zerschlagen, 335 Und aus dem Hause dich stoßen, mit triefendem Blute besudelt. Zürnend schaute auf sie und sprach der weise Odysseus: Wahrlich, das sag' ich Telemachos an, was du Hündin da plauderst: (Siehst du ihn dort?) damit er dich gleich in Stücke zerhaue! Also sprach er, und schreckte die bangen Weiber von hinnen; 340 Und sie entflohn aus dem Saal, und eileten durch die Gemächer, Zitternd vor Angst; denn sie meinten, er hab' im Ernste geredet. Und Odysseus stand, der leuchtenden Feuergeschirre Flamme nährend, und sahe nach allen. Aber sein Herz war Andrer Gedanken voll, die bald zu Handlungen reiften. 345 Aber den mutigen Freiern verstattete Pallas Athene Nicht, des erbitternden Spottes sich ganz zu enthalten, damit noch Heißer entbrennte das Herz des Laertiaden Odysseus. Siehe Polybos' Sohn, Eurymachos, reizte den Helden Vor der Versammlung zuerst, und erregte der Freunde Gelächter. 350 Höret mich an, ihr Freier der weitgepriesenen Fürstin, Daß ich rede, wie mir das Herz im Busen gebietet. Wahrlich ein Himmlischer führte den Mann in die Wohnung Odysseus'! Denn wo mir recht ist, kömmt der Glanz nicht bloß von dem Feuer, Sondern von seiner Glatze, worauf kein Härchen zu sehn ist. 355 Sprach's, und wandte sich drauf zum Städteverwüster Odysseus: Fremdling, willst du dich wohl bei mir zum Knechte verdingen, Daß du, fern auf dem Land' (ich meine, für gute Bezahlung!) Dornenzäune mir flechtest, und schattige Bäume mir pflanzest? Siehe dann reicht' ich dir dein tägliches Essen und Trinken, 360 Und bekleidete dich, und gäbe dir Schuh' an die Füße. Aber da du nun nichts als Bubenstücke gelernt hast, Wirst du nicht gern arbeiten, und lieber das Land durchstreichen, Deinen gefräßigen Bauch mit Bettelbrote zu stopfen! Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: 365 O arbeiteten wir, Eurymachos, beide zur Wette Einst in der Frühlingszeit, wann die Tage heiter und lang sind, Auf der grasichten Wiese; mit schöngebogener Sichel Gingen wir, ich und du, und mähten nüchtern vom Morgen Bis zur sinkenden Nacht, so lang' es an Grase nicht fehlte! 370 Oder trieb' ich ein Joch der trefflichsten Rinder am Pfluge, Rötlich und groß von Wuchs, mit fettem Grase gesättigt, Gleich an Alter und Kraft, mit unermüdlicher Stärke, Eine Hufe zu ackern, und wiche die Erde der Pflugschar; Sehen solltest du dann, wie grade Furchen ich zöge! 375 Oder sendete Zeus uns heute noch Krieg, und ging ich Mit zwo blinkenden Lanzen und einem Schilde gerüstet, Und die Schläfe geschirmt mit einem ehernen Helme; Sehen solltest du traun! mich unter den vordersten Streitern, Und mich nicht so höhnend an meinen Magen erinnern! 380 Aber du bist sehr stolz und menschenfeindliches Herzens; Und du dünkst dir vielleicht ein großer und starker Achaier, Weil du mit wenigen Leuten, und nicht den tapfersten, umgehst! Aber käm Odysseus in seiner Väter Gefilde; O bald würde die Türe, so weit sie der Zimmerer baute, 385 Dennoch zu enge dir sein, wann du zum Hause hinausflöhst! Also sprach er; da ward Eurymachos' Herz noch erboster, Zürnend schaut' er ihn an, und sprach die geflügelten Worte: Elender, gleich empfange den Lohn, daß du unter so vielen Edlen Männern so dreist, und ohne jemand zu fürchten, 390 Plauderst! Traun dich betört der Weinrausch, oder du bist auch Immer ein solcher Geck, und schwatzest solche Geschwätze! Oder schwindelt dein Hirn, weil du Iros, den Bettler, besiegt hast? Also sprach er, und griff nach dem Schemel. Aber Odysseus Warf zu Amphinomos' Knieen, des Dulichiers, eilend sich nieder, 395 Fürchtend Eurymachos' Wurf; und der Schemel flog an des Schenken Rechte Hand, daß die Kanne voll Weins ihm tönend entstürzte, Und er selbst mit Geheul auf den Boden rücklings dahinsank. Aber nun lärmten die Freier umher in dem schattichten Saale; Einer wendete sich zu seinem Nachbar, und sagte: 400 Wäre der irrende Fremdling doch ferne gestorben, bevor er Ithaka sah; dann brächt' er uns nicht dies laute Getümmel! Aber wir zanken uns hier um den leidigen Bettler, und schmecken Nichts von den Freuden des Mahls; denn es wird je länger je ärger! Und die heilige Kraft Telemachos sprach zur Versammlung: 405 Unglückselige Männer, ihr rast, und eure Gespräche Zeugen von Speis' und Trank; euch reizet wahrlich ein Dämon! Aber nachdem ihr geschmaust, so geht, und legt euch zu Hause Schlafen, wann's euch gefällt; doch treib' ich keinen von hinnen. Also sprach er; da bissen sie ringsumher sich die Lippen, 410 Über den Jüngling erstaunt, der so entschlossen geredet. Drauf erhub sich und sprach Amphinomos zu der Versammlung, Nisos' rühmlicher Sohn, des aretiadischen Königs: Freunde, Telemachos hat mit großem Rechte geredet; Drum entrüste sich keiner, noch geb' ihm trotzige Antwort! 415 Auch mißhandelt nicht ferner den armen Fremdling, noch jemand Von den Leuten im Hause des göttergleichen Odysseus. Auf! es fülle voll neuem der Schenk mit Weine die Becher, Daß wir opfern, und dann nach Hause gehen zu schlafen. Aber der Fremdling bleib' im Hause des edlen Odysseus 420 Unter Telemachos' Schutz; denn ihm vertraut' er sein Heil an. Also sprach er, und allen gefiel Amphinomos' Rede. Und Held Mulios mischte den Wein im Kelche mit Wa**er, Dieser duilichische Herold, Amphinomos' treuer Gefährte; Reichte dann allen umher die vollen Becher. Die Freier 425 Opferten jetzt, und tranken des herzerfreuenden Weines. Und nachdem sie geopfert und nach Verlangen getrunken, Gingen sie alle heim, der süßen Ruhe zu pflegen.

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