Heinrich Heine - Deutschland - Ein Wintermärchen - Kapitel 8 lyrics

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Heinrich Heine - Deutschland - Ein Wintermärchen - Kapitel 8 lyrics

CAPUT VII Ich ging nach Haus und schlief, als ob Die Engel gewiegt mich hätten. Man ruht in deutschen Betten so weich, Denn das sind Federbetten. Wie sehnt ich mich oft nach der Süßigkeit Des vaterländischen Pfühles, Wenn ich auf harten Matratzen lag, In der schlaflosen Nacht des Exiles! Man schläft sehr gut und träumt auch gut In unseren Federbetten. Hier fühlt die deutsche Seele sich frei Von allen Erdenketten. Sie fühlt sich frei und schwingt sich empor Zu den höchsten Himmelsräumen. O deutsche Seele, wie stolz ist dein Flug In deinen nächtlichen Träumen! Die Götter erbleichen, wenn du nahst! Du hast auf deinen Wegen Gar manches Sternlein ausgeputzt Mit deinen Flügelschlägen! Franzosen und Russen gehört das Land, Das Meer gehört den Briten, Wir aber besitzen im Luftreich des Traums Die Herrschaft unbestritten. Hier üben wir die Hegemonie, Hier sind wir unzerstückelt; Die andern Völker haben sich Auf platter Erde entwickelt. – – Und als ich einschlief, da träumte mir, Ich schlenderte wieder im hellen Mondschein die hallenden Straßen entlang, In dem altertümlichen Köllen. Und hinter mir ging wieder einher Mein schwarzer, vermummter Begleiter. Ich war so müde, mir brachen die Knie, Doch immer gingen wir weiter. Wir gingen weiter. Mein Herz in der Brust War klaffend aufgeschnitten, Und aus der Herzenswunde hervor Die roten Tropfen glitten. Ich tauchte manchmal die Finger hinein, Und manchmal ist es geschehen, Daß ich die Haustürpfosten bestrich Mit dem Blut im Vorübergehen. Und jedesmal, wenn ich ein Haus Bezeichnet in solcher Weise, Ein Sterbeglöckchen erscholl fernher, Wehmütig wimmernd und leise. Am Himmel aber erblich der Mond, Er wurde immer trüber; Gleich schwarzen Rossen jagten an ihm Die wilden Wolken vorüber. Und immer ging hinter mir einher Mit seinem verborgenen Beile Die dunkle Gestalt – so wanderten wir Wohl eine gute Weile. Wir gehen und gehen, bis wir zuletzt Wieder zum Domplatz gelangen; Weit offen standen die Pforten dort, Wir sind hineingegangen. Es herrschte im ungeheuren Raum Nur Tod und Nacht und Schweigen; Es brannten Ampeln hie und da, Um die Dunkelheit recht zu zeigen. Ich wandelte lange den Pfeilern entlang Und hörte nur die Tritte Von meinem Begleiter, er folgte mir Auch hier bei jedem Schritte. Wir kamen endlich zu einem Ort, Wo funkelnde Kerzenhelle Und blitzendes Gold und Edelstein; Das war die Drei-Königs-Kapelle. Die Heil'gen Drei Könige jedoch, Die sonst so still dort lagen, O Wunder! sie saßen aufrecht jetzt Auf ihren Sarkophagen. Drei Totengerippe, phantastisch geputzt, Mit Kronen auf den elenden Vergilbten Schädeln, sie trugen auch Das Zepter in knöchernen Händen. Wie Hampelmänner bewegten sie Die längstverstorbenen Knochen; Die haben nach Moder und zugleich Nach Weihrauchduft gerochen. Der eine bewegte sogar den Mund Und hielt eine Rede, sehr lange; Er setzte mir auseinander, warum Er meinen Respekt verlange. Zuerst weil er ein Toter sei, Und zweitens weil er ein König, Und drittens weil er ein Heil'ger sei – Das alles rührte mich wenig. Ich gab ihm zur Antwort lachenden Muts: »Vergebens ist deine Bemühung! Ich sehe, daß du der Vergangenheit Gehörst in jeder Beziehung. Fort! fort von hier! im tiefen Grab Ist eure natürliche Stelle. Das Leben nimmt jetzt in Beschlag Die Schätze dieser Kapelle. Der Zukunft fröhliche Kavallerie Soll hier im Dome hausen, Und weicht ihr nicht willig, so brauch ich Gewalt Und laß euch mit Kolben lausen!« So sprach ich, und ich drehte mich um, Da sah ich furchtbar blinken Des stummen Begleiters furchtbares Beil – Und er verstand mein Winken. Er nahte sich, und mit dem Beil Zerschmetterte er die armen Skelette des Aberglaubens, er schlug Sie nieder ohn' Erbarmen. Es dröhnte der Hiebe Widerhall Aus allen Gewölben, entsetzlich! – Blutströme schossen aus meiner Brust, Und ich erwachte plötzlich.

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