Heinrich Heine - Deutschland - Ein Wintermärchen - Kapitel 28 lyrics

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Heinrich Heine - Deutschland - Ein Wintermärchen - Kapitel 28 lyrics

CAPUT XXVII Was sich in jener Wundernacht Des weitern zugetragen, Erzähl ich euch ein andermal, In warmen Sommertagen. Das alte Geschlecht der Heuchelei Verschwindet, Gott sei Dank, heut, Es sinkt allmählich ins Grab, es stirbt An seiner Lügenkrankheit. Es wächst heran ein neues Geschlecht, Ganz ohne Schminke und Sünden, Mit freien Gedanken, mit freier Lust – Dem werde ich alles verkünden. Schon knospet die Jugend, welche versteht Des Dichters Stolz und Güte, Und sich an seinem Herzen wärmt, An seinem Sonnengemüte. Mein Herz ist liebend wie das Licht, Und rein und keusch wie das Feuer; Die edelsten Grazien haben gestimmt Die Saiten meiner Leier. Es ist dieselbe Leier, die einst Mein Vater ließ ertönen, Der selige Herr Aristophanes, Der Liebling der Kamönen. Es ist die Leier, worauf er einst Den Paisteteros besungen, Der um die Basileia gefreit, Mit ihr sich emporgeschwungen. Im letzten Kapitel hab ich versucht, Ein bißchen nachzuahmen Den Schluß der »Vögel«, die sind gewiß Das beste von Vaters Dramen. Die »Frösche« sind auch vortrefflich. Man gibt In deutscher Übersetzung Sie jetzt auf der Bühne von Berlin, Zu königlicher Ergetzung. Der König liebt das Stück. Das zeugt Von gutem antiken Geschmacke; Den Alten amüsierte weit mehr Modernes Froschgequake. Der König liebt das Stück. Jedoch Wär noch der Autor am Leben, Ich riete ihm nicht, sich in Person Nach Preußen zu begeben. Dem wirklichen Aristophanes, Dem ginge es schlecht, dem Armen; Wir würden ihn bald begleitet sehn Mit Chören von Gendarmen. Der Pöbel bekäm die Erlaubnis bald, Zu schimpfen statt zu wedeln; Die Polizei erhielte Befehl, Zu fahnden auf den Edeln. O König! Ich meine es gut mit dir, Und will einen Rat dir geben: Die toten Dichter, verehre sie nur, Doch schone, die da leben. Beleid'ge lebendige Dichter nicht, Sie haben Flammen und Waffen, Die furchtbarer sind als Jovis Blitz,. Den ja der Poet erschaffen. Beleid'ge die Götter, die alten und neu'n, Des ganzen Olymps Gelichter, Und den höchsten Jehova obendrein Beleid'ge nur nicht den Dichter! Die Götter bestrafen freilich sehr hart Des Menschen Missetaten, Das Höllenfeuer ist ziemlich heiß, Dort muß man schmoren und braten – Doch Heilige gibt es, die aus der Glut Losbeten den Sünder; durch Spenden An Kirchen und Seelenmessen wird Erworben ein hohes Verwenden. Und am Ende der Tage kommt Christus herab Und bricht die Pforten der Hölle; Und hält er auch ein strenges Gericht, Entschlüpfen wird mancher Geselle. Doch gibt es Höllen, aus deren Haft Unmöglich jede Befreiung; Hier hilft kein Beten, ohnmächtig ist hier Des Welterlösers Verzeihung. Kennst du die Hölle des Dante nicht, Die schrecklichen Terzetten? Wen da der Dichter hineingesperrt, Den kann kein Gott mehr retten – Kein Gott, kein Heiland erlöst ihn je Aus diesen singenden Flammen! Nimm dich in acht, daß wir dich nicht Zu solcher Hölle verdammen.

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