Kaput XI. Wie verschlafne Bajaderen Schaun die Berge, stehen fröstelnd In den weißen Nebelhemden, Die der Morgenwind bewegt. Doch sie werden bald ermuntert Von dem Sonnengott, er streift Ihnen ab die letzte Hülle Und bestrahlt die nackte Schönheit! In der Morgenfrühe war ich Mit Laskaro ausgezogen Auf die Bärenjagd. Um Mittag Kamen wir zum Pont-d'Espagne. So geheißen ist die Brücke, Die aus Frankreich führt nach Spanien, Nach dem Land der Westbarbaren, Die um tausend Jahr' zurück sind. Sind zurück um tausend Jahre In moderner Weltgesittung – Meine eignen Ostbarbaren Sind es nur um ein Jahrhundert. Zögernd, fast verzagt, verließ ich Den geweihten Boden Frankreichs, Dieses Vaterlands der Freiheit Und der Frauen, die ich liebe. Mitten auf dem Pont-d'Espagne Saß ein armer Spanier. Elend Lauschte aus des Mantels Löchern, Elend lauschte aus den Augen. Eine alte Mandoline Kneipte er mit magern Fingern; Schriller Misslaut, der verhöhnend Aus den Klüften wiederhallte. Manchmal beugt' er sich hinunter Nach dem Abgrund und er lachte, Klimperte nachher noch toller, Und er sang dabei die Worte: »Mitten drin in meinem Herzen Steht ein kleines güldnes Tischchen, Um das kleine güldne Tischchen Stehn vier kleine güldne Stühlchen. »Auf den güldnen Stühlchen sitzen Kleine Dämchen, güldne Pfeile Im Chignon; sie spielen Karten, Aber Clara nur gewinnt. »Sie gewinnt und lächelt schalkhaft, Ach, in meinem Herzen, Clara, Wirst du jedesmal gewinnen, Denn du hast ja alle Trümpfe.« – Weiter wandelnd, zu mir selber Sprach ich: Sonderbar, der Wahnsinn Sitzt und singt auf jener Brücke, Die aus Frankreich führt nach Spanien. Ist der tolle Bursch das Sinnbild Vom Ideentausch der Länder? Oder ist er seines Volkes Sinnverrücktes Titelblatt? Gegen Abend erst erreichten Wir die klägliche Posada, Wo die Ollea-Potrida Dampfte in der schmutz'gen Schüssel. Dorten aß ich auch Garbanzos, Groß und schwer wie Flintenkugeln, Unverdaulich selbst dem Deutschen, Der mit Klößen aufgewachsen. Und ein Seitenstück der Küche War das Bett. Ganz mit Insekten Wie gepfeffert – Ach! die Wanzen Sind des Menschen schlimmste Feinde. Schlimmer als der Zorn von tausend Elephanten ist die Feindschaft Einer einz'gen kleinen Wanze, Die auf deinem Lager kriecht. Musst dich ruhig beißen la**en – Das ist schlimm – Noch schlimmer ist es Wenn du sie zerdrückst; der Missduft Quält dich dann die ganze Nacht. Ja, das Schrecklichste auf Erden Ist der Kampf mit Ungeziefer, Dem Gestank als Waffe dient – Das Duell mit einer Wanze!