Gotthold Ephraim Lessing - Nathan Der Weise - Kapitel 6 lyrics

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Gotthold Ephraim Lessing - Nathan Der Weise - Kapitel 6 lyrics

Zweiter Aufzug Erster Auftritt (Die Szene: des Sultans Palast.) Saladin und Sittah spielen Schach. Sittah. Wo bist du, Saladin? Wie spielst du heut? Saladin. Nicht gut? Ich dächte doch. Sittah. Für mich; und kaum. Nimm diesen Zug zurück. Saladin. Warum? Sittah. Der Springer Wird unbedeckt. Saladin. Ist wahr. Nun so! Sittah. So zieh Ich in die Gabel. Saladin. Wieder wahr. – Schach dann! Sittah. Was hilft dir das? Ich setze vor: und du Bist, wie du warst. Saladin. Aus dieser Klemme seh Ich wohl, ist ohne Buße nicht zu kommen. Mag's! nimm den Springer nur. Sittah. Ich will ihn nicht. Ich geh vorbei. Saladin. Du schenkst mir nichts. Dir liegt An diesem Plane mehr, als an dem Springer. Sittah. Kann sein. Saladin. Mach deine Rechnung nur nicht ohne Den Wirt. Denn sieh! Was gilt's, das warst du nicht Vermuten? Sittah. Freilich nicht. Wie konnt' ich auch Vermuten, daß du deiner Königin So müde wärst? Saladin. Ich meiner Königin? Sittah. Ich seh nun schon: ich soll heut meine tausend Dinar', kein Naserinchen mehr gewinnen. Saladin. Wieso? Sittah. Frag noch! – Weil du mit Fleiß, mit aller Gewalt verlieren willst. – Doch dabei find Ich meine Rechnung nicht. Denn außer, daß Ein solches Spiel das unterhaltendste Nicht ist: gewann ich immer nicht am meisten Mit dir' wenn ich verlor? Wenn hast du mir Den Satz, mich des verlornen Spieles wegen Zu trösten, doppelt nicht hernach geschenkt? Saladin. Ei sieh! so hättest du ja wohl, wenn du Verlorst, mit Fleiß verloren, Schwesterchen? Sittah. Zum wenigsten kann gar wohl sein, daß deine Freigebigkeit, mein liebes Brüderchen, Schuld ist, daß ich nicht besser spielen lernen. Saladin. Wir kommen ab vom Spiele. Mach ein Ende! Sittah. So bleibt es? Nun dann: Schach! und doppelt Schach! Saladin. Nun freilich; dieses Abschach hab ich nicht Gesehn, das meine Königin zugleich Mit niederwirft. Sittah. War dem noch abzuhelfen? Laß sehn. Saladin. Nein, nein; nimm nur die Königin. Ich war mit diesem Steine nie recht glücklich. Sittah. Bloß mit dem Steine? Saladin. Fort damit! – Das tut Mir nichts. Denn so ist alles wiederum Geschützt. Sittah. Wie höflich man mit Königinnen Verfahren müsse: hat mein Bruder mich Zu wohl gelehrt. (Sie läßt sie stehen.) Saladin. ; Nimm, oder nimm sie nicht! Ich habe keine mehr. Sittah. Wozu sie nehmen? Schach! – Schach! Saladin. Nur weiter. Sittah. Schach! – und Schach! – und Schach! – Saladin. Und matt! Sittah. Nicht ganz; du ziehst den Springer noch Dazwischen; oder was du machen willst. Gleichviel! Saladin. Ganz recht! – Du hast gewonnen: und Al-Hafi zahlt. – Man la**' ihn rufen! gleich! Du hattest, Sittah, nicht so unrecht; ich War nicht so ganz beim Spiele; war zerstreut. Und dann: wer gibt uns denn die glatten Steine Beständig? die an nichts erinnern, nichts Bezeichnen. Hab ich mit dem Iman denn Gespielt? – Doch was? Verlust will Vorwand. Nicht Die umgeformten Steine, Sittah, sind's, Die mich verlieren machten: deine Kunst, Dein ruhiger und schneller Blick ... Sittah. Auch so Willst du den Stachel des Verlusts nur stumpfen. Genug, du warst zerstreut; und mehr als ich. Saladin. Als du? Was hätte dich zerstreuet? Sittah. Deine Zerstreuung freilich nicht! – O Saladin, Wenn werden wir so fleißig wieder spielen. Saladin. So spielen wir um so viel gieriger! – Ah! weil es wieder losgeht, meinst du? – Mag's! – Nur zu! – Ich habe nicht zuerst gezogen; Ich hätte gern den Stillestand aufs neue Verlängert; hätte meiner Sittah gern, Gern einen guten Mann zugleich verschafft. Und das muß Richards Bruder sein: er ist Ja Richards Bruder. Sittah. Wenn du deinen Richard Nur loben kannst! Saladin. Wenn unserm Bruder Melek Dann Richards Schwester wär' zu Teile worden: Ha! welch ein Haus zusammen! Ha, der ersten, Der besten Häuser in der Welt das beste! Du hörst, ich bin mich selbst zu loben, auch Nicht faul. Ich dünk mich meiner Freunde wert. Das hätte Menschen geben sollen! das! Sittah. Hab ich des schönen Traums nicht gleich gelacht? Du kennst die Christen nicht, willst sie nicht kennen. Ihr Stolz ist: Christen sein; nicht Menschen. Denn Selbst das, was, noch von ihrem Stifter her, Mit Menschlichkeit den Aberglauben würzt, Das lieben sie, nicht weil es menschlich ist: Weil's Christus lehrt; weil's Christus hat getan. – Wohl ihnen, daß er so ein guter Mensch Noch war! Wohl ihnen, daß sie seine Tugend Auf Treu und Glaube nehmen können! – Doch Was Tugend? – Seine Tugend nicht; sein Name Soll überall verbreitet werden; soll Die Namen aller guten Menschen schänden, Verschlingen. Um den Namen, um den Namen Ist ihnen nur zu tun. Saladin. Du meinst: warum Sie sonst verlangen würden, daß auch ihr, Auch du und Melek, Christen hießet, eh' Als Ehgemahl ihr Christen lieben wolltet? Sittah. Jawohl! Als wär' von Christen nur, als Christen, Die Liebe zu gewärtigen, womit Der Schöpfer Mann und Männin ausgestattet! Saladin. Die Christen glauben mehr Armseligkeiten, Als daß sie die nicht auch noch glauben könnten! Und gleichwohl irrst du dich. – Die Tempelherren, Die Christen nicht, sind schuld: sind nicht, als Christen, Als Tempelherren schuld. Durch die allein Wird aus der Sache nichts. Sie wollen Acca, Das Richards Schwester unserm Bruder Melek Zum Brautschatz bringen müßte, schlechterdings Nicht fahren la**en. Daß des Ritters Vorteil Gefahr nicht laufe, spielen sie den Mönch, Den albern Mönch. Und ob vielleicht im Fluge Ein guter Streich gelänge: haben sie Des Waffenstillestandes Ablauf kaum Erwarten können. – Lustig! Nur so weiter! Ihr Herren, nur so weiter! – Mir schon recht! – Wär' alles sonst nur, wie es müßte. Sittah. Nun? Was irrte dich denn sonst? Was könnte sonst Dich aus der Fa**ung bringen? Saladin. Was von je Mich immer aus der Fa**ung hat gebracht. – Ich war auf Libanon, bei unserm Vater. Er unterliegt den Sorgen noch ... Sittah. O weh! Saladin. Er kann nicht durch; es klemmt sich allerorten; Es fehlt bald da, bald dort – Sittah. Was klemmt? was fehlt? Saladin. Was sonst, als was ich kaum zu nennen würd'ge? Was, wenn ich's habe, mir so überflüssig, Und hab ich's nicht, so unentbehrlich scheint. – Wo bleibt Al-Hafi denn? Ist niemand nach Ihm aus? – Das leidige, verwünschte Geld! – Gut, Hafi, daß du kömmst.

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