Vierter Auftritt Nathan und der Klosterbruder. Nathan (im Näherkommen). Habt nochmals, guter Bruder, vielen Dank! Klosterbruder. Und Ihr desgleichen! Nathan. Ich? von Euch? wofür? Für meinen Eigensinn, Euch aufzudrängen, Was Ihr nicht braucht? – Ja, wenn ihm Eurer nur Auch nachgegeben hätt'; Ihr mit Gewalt Nicht wolltet reicher sein, als ich. Klosterbruder. Das Buch Gehört ja ohnedem nicht mir; gehört Ja ohnedem der Tochter; ist ja so Der Tochter ganzes väterliches Erbe. Je nu, sie hat ja Euch. – Gott gebe nur, Daß Ihr es nie bereuen dürft, so viel Für sie getan zu haben! Nathan. Kann ich das? Das kann ich nie. Seid unbesorgt! Klosterbruder. Nu, nu! Die Patriarchen und die Tempelherren ... Nathan. Vermögen mir des Bösen nie so viel Zu tun, daß irgend was mich reuen könnte: Geschweige, das! – Und seid Ihr denn so ganz Versichert, daß ein Tempelherr es ist, Der Euern Patriarchen hetzt? Klosterbruder. Es kann Beinah kein andrer sein. Ein Tempelherr Sprach kurz vorher mit ihm; und was ich hörte, Das klang darnach. Nathan. Es ist doch aber nur Ein einziger itzt in Jerusalem. Und diesen kenn ich. Dieser ist mein Freund. Ein junger, edler, offner Mann! Klosterbruder. Ganz recht; Der nämliche! – Doch was man ist, und was Man sein muß in der Welt, das paßt ja wohl Nicht immer. Nathan. Leider nicht. – So tue, wer's Auch immer ist, sein Schlimmstes oder Bestes! Mit Euerm Buche, Bruder, trotz ich allen; Und gehe graden Wegs damit zum Sultan. Klosterbruder. Viel Glücks! Ich will Euch denn nur hier verla**en. Nathan. Und habt sie nicht einmal gesehn? – Kommt ja Doch bald, doch fleißig wieder. – Wenn nur heut Der Patriarch noch nichts erfährt! – Doch was? Sagt ihm auch heute, was Ihr wollt. Klosterbruder. Ich nicht. Lebt wohl! (Geht ab.) Nathan. Vergeßt uns ja nicht, Bruder! – Gott! Daß ich nicht hier gleich unter freiem Himmel Auf meine Kniee sinken kann! Wie sich Der Knoten, der so oft mir bange machte, Nun von sich selber löset! – Gott! wie leicht Mir wird, daß ich nun weiter auf der Welt Nichts zu verbergen habe! daß ich vor Den Menschen nun so frei kann wandeln, als Vor dir, der du allein den Menschen nicht Nach seinen Taten brauchst zu richten, die So selten seine Taten sind, o Gott! –