Die Bergpredigt Da ging der Mächtige Einen Berg hinauf, der Gebornen hehrster, Setzte sich sonders und ersah sich da Treuhafter Männer und trefflicher zwölf, Gar gute Freunde, die hinfort zu Jüngern Alle Tage der Teure gedachte In seiner Gefolgschaft mit sich zu führen. Er nannte sie bei Namen und hieß sie näher gehn: Andreas zuerst vor allen und Petrus, Die beiden Gebrüder, und bei den beiden Jakobus und Johannes, die Gottgeliebten. Ihnen war er mildes Muts; eines Mannes Söhne Waren sie beide: die wählte Gottes Sohn, Die Frommen, in sein Gefolge, und der Freunde noch viel, Erlauchte Männer: Matthäus und Thomas, Die beiden Judas und Jakob den andern, Der ihm selber geschwistert war, denn von zwei Schwestern Waren beide, Christus und Jakob, geboren, Als Vettern befreundet. Der Gefährten hatte Neune nun gekoren der Nothelfer Christ, Zuverlässige Männer. Da hieß er auch den zehnten Mit seiner Gesellschaft gehn, Simon geheißen. Auch den Bartholomäus hieß er den Berg hinauf Aus dem Volke fahren, und dazu Philippus, Die zwei Getreuen. Die zwölfe gingen mit ihm, Die Recken, zur Versammlung, wo er zu Rate saß, Der Menge Mundherr, der dem Menschengeschlecht Wider der Hölle Zwang zu helfen gesonnen war, Aus dem Pfuhl zu fördern jeden, der folgen will So lieblicher Lehre, als er den Leuten dort Durch seine Weisheit zu weisen gedachte. Dem Beseliger Christ kamen da zunächst Die Gesellen zu stehn, die von ihm selber erkoren Waren, dem Waltenden. Die weisen Männer Umgaben den Gottessohn: ihre Begierde war groß, Der Erwählten Wunsch, seine Worte zu hören. Sie schwiegen und horchten, was der Herr der Völker, Der Waltende, wollte in Worten verkünden Den Leuten zuliebe. Da saß der Landeshirt Den Guten gegenüber, Gottes eigner Sohn, Wollt in seiner Rede, manch sinnvollem Wort, Die Leute lehren, wie sie Gottes Lob In diesem Weltreiche wirken sollten. Erst saß er und schwieg, sah sie lange an, War ihnen hold im Herzen, der heilige Herr, Mild im Gemüte. Den Mund nun erschloß er Und wies mit seinen Worten, des Waltenden Sohn, Des Hochherrlichen viel. Den Helden sagt' er In spähen Sprüchen, die zu der Sprache Christ, der Allwaltende, gekoren hatte, Welche von allen Erdenbewohnern Gott die wertesten wären der Menschen: »Ich sag euch sicherlich, selig sind In dieser Mittelwelt, die im Gemüte Arm sind aus Demut, denn das ewige Reich In des Himmels Au ist ihnen geheiligt, Ihr Leben schwindet nicht. Selig auch Die Sanftsinnigen: sie sollen da**elbe Land Besitzen, da**elbe Reich. Selig dann, Die ihr Unrecht beweinen, sie dürfen Freude gewärtigen, Trost in demselben Reich. Selig die Getreuen auch, Die nach Gerechtigkeit richten: im Reiche des Herrn Finden sie vollen Lohn. Des Frommens genießen, Die gerecht hier richteten, mit der Rede nicht täuschten Die Menschen am Mahlstein. Selig, dem milde war Das Herz in der Heldenbrust: ihm wird der heilige Herr, Der Mächtige, mild. Selig auch in der Menge, Die reines Herzens sind: sie sollen den Himmelswalter Schaun in seinem Reiche. Selig sind auch Die Friedfertigen, die nicht Fehde stiften, Mit Schuld sich beschweren: sie heißen Söhne des Herrn: Ihnen will er gnädig sein, daß sie lange genießen Sollen seines Reichs. Selig sind dann, Die das Rechte wollen und darum von den Mächtigen Haß und Harmrede dulden: ihnen auch ist im Himmel Gottes Au gegönnt und geistiges Leben Einst am ewigen Tage, dessen Ende nicht kommt, Das wonnige Wohl.« So hatte der waltende Christ Den edlen Männern von acht benannten Seligkeiten gesagt, mit denen sicher jeder Das Himmelreich erhält, der es haben will, Oder auf ewig darbt er dereinst Des Wohls und der Wonne, wenn er die Welt verläßt, Die Erdenlose, ein ander Licht zu suchen. Ihm wird Lieb oder Leid, wie er unter den Leuten hier Wirkte in dieser Welt, ganz wie es wörtlich sprach Christ, der Allwaltende, der Könige mächtigster, Gottes eigener Sohn, zu seiner Jünger Schar. »Selig seid ihr auch, wenn euch beschuldigen Im Lande die Leute und zu Leide sprechen, Euch zum Hohne haben und Harmes viel euch Erwirken in dieser Welt und Weh bereiten, Lasterrede stiften und starke Feindschaft, Eure Lehren leugnen, alles Leid euch antun Und Harm um den Herrn. Das darf euch im Herzen nicht Das Leben verleiden: ihr erlangt Entschädigung In Gottes Reiche für der Güter jegliches: Groß und mannigfalt gegeben wird sie euch, Weil ihr hier ehbevor Arbeit erduldetet, Weh in dieser Welt. Weher wird den andern, Grimmer ergeht es ihnen, die hier Gut besaßen, Weites Weltwohl. Die verzehren ihre Wonne hier Im Genuß der Genüge. Sie sollen aber Not Nach ihrer Hinfahrt, die Helden, erdulden. Dann beweinen die Frevel, die zuvor hier in Wonnen sind, In allen Lüsten leben und nicht la**en wollen Von den Meingedanken, wozu ihr Mut sie reizt, Von leidigem Leben. Ihr Lohn wird Mühsal sein Und üble Arbeit; sie werden das Ende dann Mit Sorgen sehen; und beschweren wird ihr Herz, Daß sie in der Welt so gar ihrem Willen nachhingen, Die Männer in ihrem Mute. Solche Meintat verweist ihnen Mit wehrenden Worten, denn weisen will ich euch Und sicherlich sagen, ihr meine Gesellen, Mit wahren Worten, daß ihr in dieser Welt Das Salz sollt sein, der sündigen Menschen Bosheit zu büßen, daß auf bessere Wege Das Volk geführt werde, des Feindes Werke la**end, Des Teufels Taten, des Trösters Reich zu suchen. So sollen eure Lehren der Leute viel Zu meinem Willen wenden. Wer aber zunichte wird, Wer die Lehre verläßt, der er leben soll, Den vergleich ich dem Salze, das an des Sees Gestade Weithin verworfen liegt, denn wenig taugt es mehr, Da es die Kinder des Volks mit Füßen treten, Die auf dem Grieße gehn. So geschieht ihm, der Gottes Wort Den Menschen melden soll: denn entzweit sich sein Mut, Daß er mit Herzenslauterkeit nicht zum Himmel will Sp**nen mit seiner Sprache, sondern spart Gottes Rede Und wa*kt in den Worten, so wird der Waltende ihm gram, Der Mächtige zornig, und den Menschenkindern auch Wird er dann allen, die auf Erden wohnen, Verleidet, den Leuten, der in der Lehre nicht taugt.« So weislich sprach da, Gottes Wort verkündend Und die Leute lehrend, der Landeswart Mit lauterm Herzen. Die Helden standen, Die guten, um den Gottessohn, begierig hörend Nach Wunsch und Willen; sein Wort war ihre Lust. Sie schwiegen und horchten, hörten der Völker Herrn Das Gesetz Gottes sagen den Söhnen der Menschen. Er verhieß ihnen das Himmelreich und sprach zu den Helden: »Noch mag ich euch sagen, ihr meine Gesellen, Mit wahren Worten, daß ihr in der Welt hinfort Ein Licht sollt leuchten den Leutekindern, Fernhin erfreulich, über der Völker viel Wonnesam strahlend. Eure Werke mögen nicht Verhohlen bleiben, mit welchem Herzen ihr sie tut. So wenig die Burg, die auf dem Berge steht, Auf hoher Felsenhöh, verhohlen bliebe, Das gewaltige Riesenwerk, so wenig mögen eure Worte In dieser Mittelwelt den Menschen auf Erden Verborgen bleiben. Gebraucht meiner Lehre: Laßt euer Licht den Leuten leuchten, Den Menschenkindern, daß sie euer Gemüt erkennen, Euer Werk und euern Willen, und den waltenden Gott drum Mit lauterm Herzen, den himmlischen Vater, Loben ihr Leben lang, der euch solche Lehre lieh. Niemand soll sein Licht vor den Leuten bergen, Das helle verhüllen, sondern hoch mög er's In den Saal setzen, daß es alle sehen, Die einen wie die andern, die darinne sind Der Helden in der Halle: so sollt ihr auch euer heilig Wort In diesen Landen den Leuten nicht bergen, Den Helden verhehlen, sondern es hoch und weit Breiten, das Gebot des Herrn, daß es die Gebornen all In diesen Landen, die Leute, verstehen Und so befolgen, wie es in frühern Tagen Mit Worten wiesen hochweise Männer, Als den Alten Bund die Edlinge hielten, Und nur um so strenger noch, wie ich nun will sagen, Der Guten jeglicher seinem Gotte diene, Als es im Alten Bunde schon eh geboten war. Denn wähnt nicht, ich wär in die Welt gekommen Etwa, den Alten Bund umzustoßen, Beim Volk zu Fall zu bringen oder der Vorschauer Worte zu verwerfen, die sie als wahrhafte Männer Uns offen anbefahlen: Erd und Himmel sollten Zuvor zerfahren, die so fest gegründet stehn, Eh der Worte eins nur unbewährt verbliebe In dieses Lebens Licht, das sie den Leuten hier Wahrhaft wiesen. Ich kam nicht, die Worte Der Vorschauer zu fällen, erfüllen will ich sie, Mehren und erneuen den Menschenkindern, Diesem Volk zum Frommen, was da vormals geschrieben war Im Alten Bunde. Ihr hörtet oft sagen In der Weisen Worten, wer in der Welt das tue, Daß er dem andern das Alter verkürze, Ihn vom Leben löse, dem sollten der Leute Kinder Den Tod erteilen. Das will ich euch tiefer nun, Und fester fa**en: Wer in Feindschaft nur, Ein Mann dem Manne, in seinem Mute Sich erbost in der Brust, die doch Brüder sind, Ein selig Volk Gottes, in Sippe eng gesellt, Die Männer in Magschaft – und sein Mut ist ihm gram, Will des Lebens ihn ledigen, wenn er es leisten könnte –, Der ist schon verfemt und dem Tode verfallen, All solchem Urteil, eben wie jener war, Der durch der Hände Kraft des Hauptes beraubte Einen andern Mann. Auch hieß es im Alten Bund Mit wahren Worten, wie ihr alle wißt, Ein jeder solle seinen Nächsten innig Im Herzen hegen und hold den Gesippten sein, Den Verwandten gut und im Geben mild, Die Freunde lieben und den Feinden haßvoll Im Streit widerstehn und mit starkem Sinn Dem Widersacher wehren. Ich aber sag euch wahrlich Voller vor diesem Volk, die Feinde sollt ihr Im Herzen hegen, wie ihr Freunden hold seid, In Gottes Namen; tut ihnen Gutes viel, Zeigt ihnen lautres Herz und holde Treue, Erwidert Leid mit Liebe. Das ist langes Heil Der Männer männiglichem, der im Gemüt sich des Wider Feinde fleißt. Das frommt euch dazu, Daß ihr des Himmelskönigs Söhne geheißen werdet, Seine biedern Kinder. Ihr könnt nicht bessern Rat In dieser Welt gewinnen. Auch sag ich euch wahrlich, Den Geborenen allen, daß ihr mit erbostem Sinn Eures Gutes keine Gabe in Gotteshäusern Dem Waltenden weihen mögt, die er würdigen wolle Von euch zu empfahen, solang ihr Feindschaft noch Irgend dem andern und Übles sinnt. Versöhne zuvor dich dem Widersacher, Eintracht verabredend, dann eile, Geschenke An Gottes Altar zu geben; dann sind sie dem Guten wert, Dem Himmelskönig. Um seine Huld dient eifriger Und erfüllt sein Gebot, als der Juden Brauch ist, Soll euch zu eigen werden das ewige Reich, Ewig währendes Leben. Auch will ich euch sagen, Wenn im Alten Bunde geboten wurde, Daß einer des andern Ehe nicht breche, Ihm die Frau verführe, so füg ich hinzu, Daß die Augen einen schon überreden Mögen zu düsterm Mein, wenn er den Mut läßt reizen, Die zu begehren, die des andern Gattin ist. Der hat in sich selber schon Sünde begangen, In sein Herz geheftet der Hölle Pein. Wen sein rechtes Auge oder die rechte Hand, Ein Glied verleiten will auf den leiden Weg, Eher frommte wohl andre Wahl einem Der Männer im Volke, daß er es von sich würfe, Das Glied löste von dem Leichname Und ohn es käme hinauf in den Himmel, Als daß er mit allen zum Abgrund führe, Zur heißen Hölle mit heilen Gliedern. Auch mahnt der Menschen Schwäche, daß männiglich Dem Freunde nicht folge, der zum Frevel ihn lockt, Zur Schuld, der Gesippte. Und sei er ihm Durch Sippe beschlechtet auch noch so stark, Die Magschaft noch so mächtig, wenn er zum Mord ihn treiben, Zu böser Tat bringen will; besser ist ihm dann, Den Freund ferne von sich zu stoßen, Ihn meidend, Minne nicht mehr ihm zu zeigen, Daß er alleine aufsteigen dürfe Zum hohen Himmelreich, als daß sie der Hölle Zwang, Währendes Wehe beide gewinnen, Übelstes Unheil. Im Alten Bunde heißt es auch Mit wahren Worten, wie ihr alle wißt, Daß Meineid meiden solle der Mensch, Sich nicht verschwören: die Sünd ist allzu groß, Verleitet der Leute so viel auf leiden Weg. Doch selber sag ich euch, daß niemand schwören soll Irgend Eide der Erdenwohner: Bei dem Himmel, dem hohen nicht, er ist des Herren Stuhl, Nicht bei der Erde unten, sie ist des Allwaltenden Schöner Fußschemel; auch schwöre keiner Bei dem eigenen Haupt, denn kein Haar mag er anders Erwirken, weiß noch schwarz, als wie es der Waltende, Der Mächtige, machte. Darum meidet der Mensch Die Eide füglich: wenn es viel geschieht, Nimmt er's immer leichter und wahrt sich zuletzt nicht mehr. Darum will ich euch mit wahren Worten gebieten, Daß niemand schwerere Eide schwören Mög unter Menschen, denn als ich mit meinen Worten euch wahrhaft hier will gebieten: Wer eine Sache sucht, der sage, was wahr ist, Spreche ja, wenn es ist, und ehre die Wahrheit, Sage nein, wenn es nicht ist, und genüg ihm daran: Das Mehr, das darüber ein Mann noch tun will, Kommt alles vom Übel unter den Erdenkindern, Daß aus Untreue der eine nicht will des andern Worte für wahr halten. Dann sag ich euch wahrlich, Wenn im Alten Bunde geboten war, So einer die Augen dem andern benehme, Vom Leibe löse oder irgendein Glied, Der soll es selber mit dem seinen entgelten, Dem gleichen Gliede: so lehr ich dagegen euch, Daß ihr so nicht rächet, was wider Recht geschieht, Sondern in Demut alles erduldet, Schimpf und Schande und was man sonst euch zufügt. Tu immer der Mann dem andern Manne, Was ihm frommt und gefällt, wenn er fordert, daß die Menschen Ihm Gutes dagegen tun. Dann wird Gott ihm milde sein Und der Leute jedem, der das leisten will. Ehret die Armen, den Überfluß teilt Dem dürftigen Volk und fragt nicht, ob ihr Dank Erlangt oder Lohn in dieser geliehnen Welt. Überlaßt es lediglich euerm lieben Herrn, Die Gaben zu vergelten, daß Gott euch lohne, Der mächtige Mundherr, was aus Minne geschieht zu ihm. Gäbest du gerne nur guten Männern Köstliche Kleinode, wo du Nutzen könntest Doppelt erwerben, hättest du des Verdienst von Gott Oder Lohn zu erlangen, der dir alles geliehen hat? So ist es mit allem, was du andern tust Zuliebe, den Leuten, wenn du Gleiches zu Lohn willst Für Wort und Werke. Wie wüßt es der Waltende Dank, Wenn du das Deine nur hingibst, es wieder zu heischen? Den Leuten leiht das Gut, die es nicht lohnen hienieden, Und ringet allein nach des Waltenden Reiche. Nicht zu offenbar tu es, wenn du Almosen Armen Mit den Händen darreichst; mit demütgem Herzen Gib es Gott zulieb, so wird dir Vergeltung, Gar lieblicher Lohn, wo du lange sein bedarfst, Erfreuliches Heil. Was du aus frommem Sinn Heimlich hingibst, das ist dem Herren wert. Tu nicht groß mit den Gaben: das soll der Geber keiner, Daß durch eiteln Ruhm sie ihm nicht wieder Leidig verlorengehn, für die er Lohn sollt empfangen Vor Gottes Augen, die guten Werke. Auch gebiet ich euch noch, wenn zum Gebet ihr euch neigt Und euern Herren um Hilfe bittet, Daß er die leiden Taten euch erla**en wolle, Die Schuld und die Sünde, womit ihr euch selber Feindlich gefährdetet, so tut's vor dem Volke nicht, Daß es merke die Menge und die Menschen euch loben Um das Händefalten: euer Gebet zu dem Herrn Geht so all verloren durch den eiteln Ruhm. Sondern wollt ihr den Herrn um Hilfe bitten, Durch Demut verdienen, wes euch große Durft ist, Daß der Spender des Siegs euch von Sünden befreie, Dann tut es heimlich, denn der Herr weiß es doch, Der heilige im Himmel, dem nichts verhohlen bleibt, Nicht Wort noch Werke. Dann gewährt er euch alles, Worum ihr ihn bittet, wenn ihr zum Gebet euch neigt Mit lauterm Herzen.« Die Helden standen Und umgaben den Gottessohn mit großer Begierde. Ihr höchster Wunsch war, seine Worte zu hören. Sie schwiegen und dachten – ihr Bedürfnis war groß – Im Herzen zu behalten, was das heilige Kind Da zum ersten Male ihnen mit Worten Großes erzählte. Da begann der zwölfe einer, Der begabten Jünger, zu dem Gottessohne: »Guter Herr und Lehrer, deiner Huld ist uns not, Deinen Willen zu wirken, deine Worte zu hören, Der Geborenen bester. Darum lehr uns beten Jetzt, deine Jünger, wie Johannes tut, Der teure Täufer, der jeglichen Tag Die Erwählten unterweist, wie sie den Waltenden sollen, Den Geber, grüßen. So uns, deinen Jüngern, Enthülle das Geheimnis.« Der Herrliche hatte Da ohne Säumen, der Sohn des Herrn, Gute Worte bereit: »Wenn ihr Gott den Herrn Mit Worten wollt, den Waltenden, grüßen, Der Könige kräftigsten, so sprecht, wie ich euch kundtue. Vater unser, aller deiner Kinder, Der du bist im hohen Reiche der Himmel, Geweiht werde dein Name bei jeglichem Worte; Zu uns komme dein kräftiges Reich; Dein Wille werde über die Welt gewaltig, Hie unten auf Erden, wie er da oben ist, Hoch im hohen Reiche der Himmel. Gib uns, teurer Herr, die tägliche Notdurft, Deine heilige Hilfe! Erlaß uns, Himmelswart, Alle Übeltat, wie wir es andern tun, Und laß uns nicht leidige Wichte verleiten, Ihren Willen zu wirken, wenn wir des würdig sind, Daß du uns von allem Übel erlösest. So sollet ihr bitten, wenn ihr zum Gebet euch neigt, Mit würdigen Worten, daß der waltende Gott Das Leid euch erla**e, das ihr den Leuten tatet. Denn laßt ihr die Leute gerne ledig Der Schuld und der Sünden, die sie selber hier Wider euch wirkten, so erläßt der Waltende, Der allmächtige Vater, auch euch die Frevel, Der Meintaten Menge. Aber wächst euch der Mut, Daß ihr selber ungern andern erlaßt, Was sie wider euch taten, so will auch euch der Waltende Die Schuld nicht schenken, ihr sollt sie entgelten Mit sehr leidigem Lohn auf lange Zeiten, All das Unrecht, das ihr andern tatet In dieses Lebens Licht, wenn ihr an den Leuten Die Schuld nicht sühntet, bevor eure Seele Hinwegfährt von dieser Welt. Auch sag ich euch wahrlich noch, So ihr leben wollt nach meiner Lehre, So oft ihr hinfort die Fasten halten wollt, Eure Meintat zu mindern, so tut's vor der Menge nicht, Vor den Menschen meidet's: der Allmächtige kennt doch, Der Waltende, euern Willen, wenn in der Welt euch auch Die Leute nicht loben. Den Lohn gibt euch dann Euer heiliger Vater im Himmelreiche, Wenn ihr in Demut ihm dientet auf Erden, Fromm unterm Volke. Auf vielen Gewinn geht Nicht aus mit Unrecht: dient auf zu Gott Um Lohn, ihr Leute, das langt länger, Als ob ihr auf Erden im Überfluß lebtet, An Weltlust gewöhnt. Wollt ihr meinen Worten hören, So sammelt hier nicht Schätze Silbers und Goldes, In diesem Mittelkreis Mammonsgüter: Das rottet und rostet, Räuber stehlen es, Würmer verwüsten es; das Gewand zerschleißt, Der Goldschatz zergeht. Tut gute Werke, Häufet im Himmel euch größern Hort, Erfreulichern Vorrat, den kein Feind benehmen mag, Kein Dieb entwenden. Es wartet euer Dort ganz entgegen, wieviel ihr des Guts Hin in das Himmelreich, des Hortes, gesammelt habt Durch eurer Hände Gabe. Dahin kehrt den Sinn, Denn der Menschen Gemüt und Denken ist meist, Sein Herz und Sinn, wo der Hort ihm liegt, Der gesammelte Schatz. So selig ist niemand, Daß er beides erziele in dieser breiten Welt, Auf dieser Erde im Überfluß zu leben In allen Weltlüsten und doch dem waltenden Gott Zu Dank zu dienen, sondern unter den Dingen Muß er einem von beiden auf immer entsagen, Den Lüsten des Leibes oder ewigem Leben. Kümmert euch nicht um Kleidung, vertraut kühnlich dem Herrn, Müht euch im Gemüte nicht, was ihr morgen sollt Essen oder trinken oder anlegen Werdet von Gewändern. Es weiß der waltende Gott, Wes die bedürfen, die ihm dienen hier, Seinen Befehlen folgen. An den Vögeln mögt ihr das Wahrhaft gewahren, die in der Welt umher In Federhemden fliegen: sie häufen nicht Vorrat, Und Gott gibt ihnen doch jeglichen Tag Wider den Hunger Hilfe. Auch merkt euch im Herzen Des Gewandes wegen, wie ihr Gewächse seht Festlich geschmückt auf dem Felde stehn Und prächtig blühen: nicht mochte der Burgenwart, Salomon der König, der doch mächtigen Schatz, Köstlich Kleinode wie kein König zuvor Gewann und aller Gewande Auswahl, Doch mocht er seinem Leibe nicht, dem all das Land gehorchte, Solch Gewand gewinnen, wie Gewächse haben, Die auf dem Felde stehen im festlichen Schmuck, Die Lilie mit lieblichen Blumen. Der Landeswalter kleidet sie, Der hehre, von der Himmelsau. Und die Helden sind ihm mehr, Die Leute viel lieber, die er ins Land sich schuf, Der Waltende, zu seinem Willen. Drum dürft ihr um Gewand nicht sorgen, Nicht um den Anzug jammern: für das alles sorgt Gott, Der Helfer von der Himmelsau, wenn ihr um seine Huld nur dient. Trachtet zuerst nach Gottes Reich und tut gute Werke, Nach dem Rechten ringt, so will euch der reiche Herr Alle Güter geben, wenn ihr ihm gerne folgt, Wie ich mit wahren Worten euch sage. Ihr sollt auch selber zu scharf nicht richten, Unbillig urteilen, denn das Urteil kommt wieder Über den Richtenden schnell, und da soll es zur Reue Ihm werden, zu schwerem Weh, wenn sein Wort zu scharf erging Über den andern. Von euch tue das Keiner, ihr Kinder, bei Kauf oder Tausch, Daß er mit unrechtem Maß dem andern Mann Meinvoll messe, denn so muß es ergehn Auf Erden hier allen: wie er dem andern tut, Ganz so begegnet's ihm, wo er gern nicht wollte Seine Sünde wiedersehn. Auch sag ich euch noch, Wie ihr euch wahren mögt vor schwerem Verweis, Manches Meinwerks wegen. Wie magst du beschelten Deiner Brüder einen, daß du ihm unter den Brauen sähst Einen Halm in den Augen, da du nicht beherzigst Den bösen Balken, den Baum in deiner Sehe, Den schweren, den du selber hast? Nimm das in den Sinn erst, Wie du dich des erlösest, daß Licht vor dir scheint, Die Augen dir aufgehn: dann immer magst du Auch des Gesippten Gesicht zu bessern suchen, Sein Haupt zu heilen. So heg im Herzen Mehr in dieser Mittelwelt der Menschen jeglicher, Was er selber Übels in dieser Welt verübte, Als daß er achte auf des andern Manns Schuld und Sünde, da er doch selber mehr Des Frevels vollführte. Bedenkt er sein Frommen, So soll er sich selber erst von Sünden erledigen, Von leiden Werken lösen; mit seinen Lehren komm er dann Den Leuten zu Hilfe, wenn er sich lauter weiß, Vor Sünden sicher. Vor die Schweine sollt ihr nicht Eure Meerperlen werfen oder kunstvoll Gewirk, Köstliche Kleinode, denn in Kot treten sie's, Sudeln es im Sande, wissen nicht Bescheid von Zier, Von schönem Schmuck. Solcher sind hier viele, Die euer heilig Wort nicht hören wollen, Gottes Lehre wirken: sie wissen nicht von Gott. Viel lieber sind ihnen leere Worte, Unfeine Dinge als ihres Fürsten und Herrn Willen und Werke. Unwürdig sind sie so, Euer heilig Wort zu hören: ihr Herz will es nicht erwägen, Nicht lernen und leisten: so lehrt sie lieber nicht, Damit ihr Gottes Gebot und gute Lehre Nicht verliert an den Leuten, die nicht glauben wollen Den wahren Worten. Auch sollt ihr euch wahren Mit List vor den Leuten, wo ihr in den Landen fahrt, Daß euch lügenhafte Lehrer nicht trügen Mit Worten oder Werken. Sie kommen in schönem Gewand, Im Festschmuck zu euch und haben doch falschen Sinn. Ihr mögt sie bald erkennen, wenn ihr sie kommen seht: Sie sprechen weisliche Worte; aber ihre Werke taugen nichts, Der Degen Gedanken. Ihr wißt, daß in Dornen nicht Weinbeeren wachsen noch Wertvolles irgend, Erfreuliche Früchte; auch Feigen lest ihr nicht, Ihr Helden, vom Hiefdorn. Das mögt ihr bedenken, Daß euch ein übler Baum, wo er in der Erde steht, Gute Früchte nicht gibt; wie es auch Gott nicht schuf, Daß der gute Baum je den Erdegebornen Bitteres brächte; von jedem Baume kommt nur Solch Gewächs in dieser Welt, wie es aus seiner Wurzel dringt, Süß oder sauer. Auf die Gesinnung zielt das, Auf der Menge Gemüt in der Menschen Geschlecht, Wie ein jeder von uns auch es selber anzeigt, Mit dem Munde meldet, welch Gemüt er habe, Was er im Herzen hege, denn verhehlen kann es niemand. Von dem übeln Manne kommt arger Rat, Bitterböse Rede, wie er in der Brust sie hat, In sein Herz geheftet: er kündet hoch und laut Seinen Willen mit den Worten und den Werken nachher. So kommt von dem guten Mann auch gute Antwort, Weisliche aus seinem Wissen: mit Worten spricht er's aus, Mit dem Munde der Mann, was er im Gemüte trägt, Als Hort im Herzen; von ihm kommt heilige Lehre, Sehr wonnesam Wort: seine Werke sollen Dann dem Volke gedeihen und der Degen männiglich Zur Wohltat werden, wie es der Waltende selbst Guten Männern gegeben hat, Gott, der allmächtige, Der himmlische Herr; denn ohne seine Hilfe mögen sie Mit Worten noch mit Werken Gutes erwirken In dieser Mittelwelt. Darum sollen der Menschen Söhne An seine alleinige Kraft allzumal glauben. Auch will ich euch weisen, wie der Wege zwei In diesem Lichte liegen, die der Leute Kinder gehn, Alles Volk der Erde. Die eine der Straßen Ist weit und breit: die wandern gar viele, Eine Menge der Menschen, die ihr Mut dazu Verlockt und die Lust der Welt: zur linken Hand Leitet sie die Leute, wo sie verlorengehn, Die Helden, in der Hölle: da ist es heiß und schwarz, Fürchterlich innen. Die Fahrt dahin ist leicht Den Erdgebornen; aber das Ende frommt nicht. Dann liegt ein anderer, bei weitem engerer Weg auf dieser Welt, den nur wenige wandern, Eine schwache Schar: die Söhne der Menschen Gehn ihn nicht gerne, obgleich er zu Gottes Reich, In das ewige Leben die Edlinge leitet. Nehmet ihr den engen, denn ob er nicht leicht auch Dem Volk zu fahren ist, er führt doch zum Frommen. Jeder, der ihn geht, empfängt Vergeltung, Langdauernden Lohn, das ewige Leben, Seliges Entzücken. Darum sollt ihr den Herrn, Den Waltenden, bitten, daß ihr diesen Weg Von vorn an fahren dürft und fortgehn darauf Bis in Gottes Reich. Er ist immer bereit, Denen Gaben zu geben, die ihn gerne bitten, Fromm zu ihm flehn. Sucht euern Vater droben In dem ewigen Reiche: ihr werdet ihn immerdar Zu euerm Frommen finden. Tut eure Fahrt da kund An des Teuern Türen, so wird euch aufgetan, Die Himmelspforte geöffnet, daß ihr in das heilige Licht Eingehen mögt, in das Gottesreich, Und des Erbteils achten. Ich sag euch überdies Vor diesem weiten Volk ein wahrhaft Gleichnis. Der Leute männiglich, der meine Lehre will In seinem Herzen hegen und so im Sinne halten, Daß er sie gerne leistet, der vergleicht sich wohl Einem weisen Manne, der gewitzigt ist Und verständigen Sinn hat, daß er die Stätte seines Hauses Auf festem Felsen wählt, auf dem Felsen vorsichtig Sich die Wohnung wirkt, wo der Wind nicht mag, Wog und Wa**erstrom dem Werke schaden. Den Ungewittern widersteht es allen Auf dem Felsen oben, da so fest es ward Auf den Stein gestellt: die Stätte schon erhält es Und wahrt es vor dem Winde, daß es nicht weichen mag. Doch der Männer männiglich, der nicht auf meine Lehren lauschen will und nichts davon leisten, Der tut wie der Unweise, der Ungewitzigte, Der im Sand am Wa**er ein Wohnhaus zimmern will, Wo es westlicher Wind und der Wogen Strom, Die See zerschlägt. Nicht mag es Sand und Grieß Vor dem Winde wehren, sondern zerworfen wird es, Zerfällt von der Flut, weil es nicht auf fester Erde gezimmert ist. So soll allen und jedem Ihr Werk gedeihn dafür, daß er mein Wort befolgt,