Zwei Nachbarsleute wohnen da
In Zank und Streit zu leben
Der eine reich an Mitteln war
Der and're war arm daneben!
Der Reiche dacht' aus Übermut
Den Arm' zu bring' um Hab und Gut
Tät ihm allzeit nachstreben!
Einstmal der Reiche, wie ich meld'
Den Rainstein täte heben
Dem Armen um zwei Beet' vom Feld
Tät weiter hineinlegen!
Der Arme schaut in Jammer zu
Sein G'wissen lässt ihm nimmer Ruh'
Tät endlich zu ihm gehen!
Sprach: "Allerliebster Nachbar mein
Wollt ihr euch garnicht schämen
Da** ihr mir und mein' Kinderlein
Zwei Beet' vom Feld tät' nehmen?
Es ist ja meiner Eltern Gut
Das sie erworb'n in Schweiß und Blut
Das könnt ihr nicht begehren!
Der Reiche packt ihn bei die Haar'
Tät ihnen zu Boden reißen
Und schlug ihn ganz erbärmlich gar
Sprach: "Du musst mir beweisen
Da** nicht der Stein steht auf mein' Grund
Und dir's gehört, du Bettelhund!
Willst du ihn gar ausreißen?"
Sie kamen vor die Obrigkeit
Der Arme täte klagen
Da ward dem Reichen angebeut
Ein Jurament zu tragen!
Er war sogleich dazu bereit
Und schwor ein' körperlichen Eid
Ganz willig unverzaget!
Die Sach', die war nun ausgemacht
Der Arme musst' heimgehen
Und doch nach unverrich'ter Sach'
Dem Reichen 's Feld abstehen!
Er schlug ja sene Händ' zusamm'
Fing bitterlich zu weinen an
Sprach: "Wie soll mir geschehen?"