Spoken prose:
Onkel Paul schreibt vom Urlaub aus Varna vom schwarzen Meer.
Als Westler ist man hier Kaiser. Die Urlauber aus Polen, Tschechen und so haben einen unvaschämten Respekt vor der D-Mark, wie se bei uns als Zahlungsmittel gäbe is. Ick wohne in ein wunderfeines Marmorhotel und schaue morgens auf den Campingplatz am Strand, wo die aus der Szone ßelten.
Ick brauche bloß mal ein Fuffzichfennichstück ausm Fenster zu werfen in den Sand – hei, ist das ein Balgerei!
Quasi hab ick drei Diener: einer aus Chemnitz trägt mir das Handtuch zum Meer, einer aus Parchim trocknet mir ab – und gestern hat mir sogar ein Funktjonär aus Frankfurt Oder eine Strandburg geschippt. Die hab ich aber gleich wieda eingerissen, denn das war so realistische Stuckatur. Der hat so gebaut wie – na wie heißt denn noch der Nachfolger von Stalin? Frankfurter! Richtig, wie in der Frankfurter Allee hat der da gebaut.
Auf jeden Fall: nie wieder in den Harz. Hier putzen se Schuhe, schleppen das Essen und lachen dich an. Ich weeß, die wollen bloß unser Geld – aber trotzdem! Es ist beinah so schön wie damals, 1940 in Paris – nur eben etwas slawischer.
Morgn will ich mir mal probehalber etwas kubanischen Zucker in den Hintern blasen la**en! Warum denn nicht – wenn ma sichs leisten kann!
Gestern hat sich Helga manikürn la**en – aba an die Füße! Von zwei Kunststudenten aus Leipzich. Sie sieht jetzt den Osten mit ganz anderen Augen!
Entschuldigt bitte die Maschinenschrift – aba die Kulis aus der Zone holn mir grade n Pfund Kaviar aus Odessa – des is hier um de Ecke! Herrlich, herrlich! So stell ick mir de Wiedervereinjung vor – das ganze dann an der Ostsee, mit deutschem Grüß Gott!
Euer Onkel Paul!