Spoken:
Verehrete Eltern und hochverehrte Eltern – auch die jüngr'n unter den älter'n Eltern – seijn'se alle willkommen!
Desjleichen, oder ebenso, die jeschätzten Kolleginn'n und Kollegen des Lerhkerpers – nich zu verjessen den wackeren Hausmeijster Krawallke! Und – last, not least – liebe Abiturienten!
La**ense mich mit einem Dichterwort unseres unverjessenen ehmal'jen Schülers, Abjang '28, uns'res lieben Klöppelmeiers, bejinnen, der da sachte: "Wenn dich dem Leben tritt – tritt zurick!"
Was kennen wir daraus lernen?
Unsere Anstalt neijcht, fußend auf dem humanistischen Bildungsideal des bereit zitierten Klöppelmeiers, zu der Ansicht: "Nur wer de Breijte kennt, sieht nicht dem Nächsten – oder doch?" Im Jejenteijl, mecht ich sagen!
Sie, liebe Abiturienten, treten nicht unvobereijtet in das, was man leijchtsinnjerweijse dem Leben nennt.
Ich frage Sie: "Was is denn nun dem Leben?". Meijne Damen und Herren, Sie wissen es – ich weiß es, aber Viele wissen es nich! Und deshalb ist uns're vornehmste Aufjabe den ausscheijdenden Schielern dieses Wissen zu vermitteln.
Daher jilt meijn Appell all denen, die nunmehr dieses unverbrauchte junge Leben in ihren Händen halten und es zu Reife führen werden. Das Rüstzeuch ist da – wo is der Acker? Oder um es mit Klöppelmeier zu sagen' "Futura sunt veris doctis!"
Dreiundzwanzigster Erster.
Um fünf Uhr fünfzehn aufgestanden, in der Hoffnun, einer der Ersten zu sein – erhielt Wartenummer Viertausendundacht. Drei Nummern besser als Gesten!
Mussten heute zwei Stunden auf die VdlS warten – Vergabe des letzten Studienplatzes . Wieder kein Glück gehabt!
Während der Wartezeit mit Micha und Fuzzy über Hegels "Prinzip der Unwahrscheinlichkeit" diskutiert.
Reden schon seit zwei Jahren über dieses Thema – wieder nichts bei rausgekommen!
Sung:
Schon oft hatte ich mir vorgenommen
Sowas machst du nicht mehr mit!
Doch nach dreizehn langen Schülerjahren
Wär' das doch ein zu kühner Schritt!
Zehnte Siemte.
Die von der Uni haben Semesterferien – hatte endlich Gelegenheit, im Verlaufe einer Führung, einen Hörsaal zu sehen. War beeindruckt!
Fahre übermorgen selber in Urlaub und hoffe, noch einen Zeltplatz in der Nähe des Studentendorfes "Requiescant in pace" zu finden. Pit ist dort – hatte vor Jahren ungeheu'res Glück und erwischte einen der wenigen BzBzVpa – Berechtigungsschein zum Besuch von zehn Vorlesungen per anno – dieser Glückspilz!
Schon oft hatte ich mir vorgenommen
Jetzt wird endlich protestiert!
Doch nach dreizehn langen Schülerjahren
Ist man schon zu sehr dressiert!
Elfter Elfter.
An der Uni ist Kostümfest. Habe mein Sparschwein geschlachtet um einen Fensterplatz zu kaufen.
Pit ist nicht mehr dabei. Hat seinen BzBzVpa für fünfhundertausend Mark weiterverkauft.
Meine letzte Hoffnung ist die Jahreslotterie. Vielleicht klappt's diesmal!
Ausserdem noch heute Nachmittag mit Uschi verabredet – Tochter von Professor M., Dozent für angewandte Ästhetik. Sieht schlimm aus, soll aber Beziehungen haben – sagt man!
Schon oft hatte ich mir vorgenommen
Steh auf und zerschlag die Tür!
Doch nach dreizehn langen Schülerjahren
Ist man wohl zu gebildet dafür!
Dreiundzwanzigster Zwölfter.
Morgen ist Weihnachten!
Wie schon in den letzten zwei Jahren, auch diesmal kein Glück in der Lotterie gehabt. Ich bezweifle, ob da alles mit rechten Dingen zugeht! Mein Antrag auf Beitritt in den VFsA – Verband zur Förderung studienwilliger Abiturienten – ist angenommen worden, nachdem ich den Jahresbeitrag im Voraus entrichten konnte. Ungeachtet dessen, erwäge ich ernsthaft, etwas Anderes zu versuchen und das Angebot von Pit anzunehmen, gegen entsprechendes Entgelt, zweimal in der Woche seinen Hund auszuführen.
Schon oft hatte ich mir vorgenommen
Sowas machst du nicht mehr mit!
Doch nach dreizehn langen Schülerjahren
Wär' das doch ein zu kühner Schritt!