Mein sehr geehrter, hoher Herr Ministerpräsident
Den man in Stadt und Land als klug und weise
Als güt'gen Menschenfreund, als Wohltäter und Schöngeist kennt
Ihr kreuzt im grünen Rocke meine Schneise
Ich seh' in Eure Flinte und ich seh' Euch ins Gesicht
Ihr seht mich beide Vorderläufe heben
Ich bin ein friedfertiger Hase, bitte schießt mich nicht
Ich fleh' Euch an, verschont mein junges Leben!
Ich hab' Kinder wie Ihr und meine warten jetzt im Bau
Wie Eure zu Haus mit dem Mittagessen
Ich hab' Freunde wie Ihr, und wie Ihr hab' ich eine Frau
Und wie Ihr habe ich auch zwei Mätressen
Ich liebe alle und ich lieb' das Leben, wie Ihr auch
Ich liebe Kohl, den grünen wie den weißen
Ich knabb're zarte Möhren und ich nage frischen Lauch
Allein ins Gras möcht' ich heut noch nicht beißen!
Fehlt es Euch denn an Nahrung? Nein, Ihr seid so wohlgenährt
Ich droh' Euch nicht, ich seh' Euch nicht in Nöten
Doch wenn es nicht aus Hunger ist, Ihr Euch aus Not nicht wehrt
Wollt Ihr mich dann aus Lust am Töten töten?
Dann wären Eure schönen Reden von Gewaltverzicht
Von Abrüstung und Frieden leere Phrasen
Das aber kann nicht sein, ein Mensch von Ehre schießt doch nicht
Auf einen ganz unbewaffneten Hasen!
Sagt halt, wenn Ihr zurück zu Eurer Jagdgesellschaft geht
Heimkehrend aus des tiefen Waldes Winkeln
Und Ihr Euch schämt, ganz ohne Hasenleiche dazustehen:
Ihr wolltet gar nicht jagen, nur mal pinkeln
Gesteht es doch der rohen Mördermeute endlich ein:
Ihr seid kein Jäger, Ihr seid Pilzesammler!
Steckt Eure Flinte weg, nehmt diese Pfote und schlagt ein
Ihr mordet keinen Hasen, keinen Hirsch, kein wildes Schwein!
Dies kann der Anfang einer wunderbaren Freundschaft sein
Zwischen Ministerpräsident und Rammler!