Jugend
Reimt sich nur auf Tugend
Sie hat damit nichts zu tun!
Leben
Reimt sich nur auf Geben
Wie das Korn auf's blinde Huhn!
Und auf jedes bitt're Ende
Reimt sich fälschlich Dividende
Auf Regierungskraft
Reimt sich Führungskraft
Und auf Geld
Reimt sich Held!
Doch die Reime führ'n zu gar nichts
Die ich mir zusammenleim'
Auf die Liebe, auf den Sinn
Auf's "Woher" und aufs "Wohin"
Weiß ich bis heute keinen Reim!
Man sitzt im Hotelcafé
Und man war einmal ein Hotelportier
Und man fragt ohne Zweck und Sinn:
"Wohin – wohin?"
Man schaut einen Vogel an
Und man war einmal ein versierter Mann
Und man fragt:
"Wenn ich's jetzt noch bin
Wohin – wohin?
Man sagt: "Schönes Wetter heut'!"
Oder "Schrecklich, dieser Verkehr!"
Man denkt an die and're Zeit
Du, da war doch was
Ja, was war denn das?
Man weiß, da** die Zeit vergeht
Und man war doch einmal ein Leichtathlet!
Und man sieht keinen Nutzen drin
Wohin – wohin?
Immer glaubt man, da** man jemand stört
Immer hat man etwas nicht gehört
Immer hat man etwas nicht geseh'n
Und was geschah, ist nie gescheh'n!
Immer nimmt man irgendetwas krumm
Immer ist man weise, aber dumm
Immer will mich irgendwer belehr'n
Will mir erklär'n
Dann macht er's kanapp
Und schiebt mich ab!
Ich sitz' in der Rathausbar
Wo ich selbst einmal ein Beamter war
Und ich frag' nach dem tiefer'n Sinn
Wohin – wohin?
Ich sitz' auf der Gartenbank
Und ich sitz' auch mal in der Gasthausschank
Und ich sitz' bei der Enkelin
Wohin – wohin?
Ich sag': "Guten Morgen!"
Oder "Grüß Gott!" und "Leben Sie wohl!"
Ich hab' meine Sorgen
Aber ich schweig' davon
Denn wer glaubt sie schon!
Man geht einen steilen Pfad
Und man war einmal Herr Kommerzienrat!
Und man fragt wie von Anbeginn:
"Wohin – wohin – wohin
Wohin?"