Ich frage, gab's je eine Zeit
Mit nichts als Frieden weit und breit –
Gab's eine Zeit, in der kein Hunger und kein Krieg war?
Gab's eine Zeit ganz ohne Neid
Ganz ohne Arbeitslosigkeit
In der nicht Alles voll Gewalt und Politik war?
Ich kenn' ein Dörflein im Südosten von Samoa
Dort gibt es weder Krieg noch and're Quälerei'n
Das Volk ist froh dort und wird täglich immer froha –
Man hat nichts Anderes zu tun als sich zu freuen!
In diesem Dörflein in Samoa hat man alles, was man braucht
Und ganz egal, wo was geschieht, es nicht dort!
Es gibt nur Heiterkeit und Ruh'
Doch wer zieht hin? Nicht ich, nicht du –
Im Gegenteil: die Samoaner ziehen fort!
Die Samoaner zieh'n nach Japan, nach New York und nach Berlin
Um sich an Umweltschmutz und Aktien zu berauschen!
Vielleicht wär's gut, wenn wir indessen nach Samoa rüber zieh'n –
In ander'n Worten, mit den Samoanern tauschen!
Wir bau'n dort Autobahnen, Fernseh'n, eine Oper
Gründen Parteien – was man so braucht zu seinem Glück –
Die Samoaner bauen Samoa in Europa
Und dann kehrt jeder in sein Heimatland zurück!
Sie werden sagen: "Das ist ein Traum!
Das wird Frau Kanzler nicht gefall'n
Weil die bestimmt von Träumen ziemlich wenig hält!"
Und in Samoa andrerseits
Hat das Wort Kanzler wenig Reiz
Weil sich die Frage nach der Macht dort garnicht stellt!
Seit ich das weiß, lässt mich das Los der Samoaner nicht in Ruh'
Ich sag' mir: "Macht hat immer der, der an sie rankommt!"
Doch was mich wachhält jede Nacht:
"Was macht man ohne Macht?"
Und in Samoa weiß man das, sobald man ankommt!
Ich fange an, die Samoaner zu beneiden
Und hoffe insgeheim, auch sie beneiden mich –
Doch wenn ich frag': "Wer hat's denn besser von uns beiden?"
Dann lässt mich schlicht meine Entscheidungskraft im Stich!
Hier lebt man hektischer als dort, dafür ist dort so garnichts los
Und wär' man dort, man zöge fort und wieder hin!
Der Mensch will beides – Macht und Traum
Und in Samoa wächst ein Baum –
Wer drunter einschläft, träumt begeistert von Berlin!