CAPUT VIII Von Köllen bis Hagen kostet die Post Fünf Taler sechs Groschen preußisch. Die Diligence war leider besetzt, Und ich kam in die offene Beichais'. Ein Spätherbstmorgen, feucht und grau, Im Schlamme keuchte der Wagen; Doch trotz des schlechten Wetters und Wegs Durchströmte mich süßes Behagen. Das ist ja meine Heimatluft! Die glühende Wange empfand es! Und dieser Landstraßenkot, er ist Der Dreck meines Vaterlandes! Die Pferde wedelten mit dem Schwanz So traulich wie alte Bekannte, Und ihre Mistküchlein dünkten mir schön Wie die Äpfel der Atalante! Wir fuhren durch Mühlheim. Die Stadt ist nett, Die Menschen still und fleißig. War dort zuletzt im Monat Mai Des Jahres einunddreißig. Damals stand alles im Blütenschmuck, Und die Sonnenlichter lachten, Die Vögel sangen sehnsuchtvoll, Und die Menschen hofften und dachten – Sie dachten: ›Die magere Ritterschaft Wird bald von hinnen reisen, Und der Abschiedstrunk wird ihnen kredenzt Aus langen Flaschen von Eisen! Und die Freiheit kommt mit Spiel und Tanz, Mit der Fahne, der weißblauroten; Vielleicht holt sie sogar aus dem Grab Den Bonaparte, den Toten!‹ Ach Gott! die Ritter sind immer noch hier,
Und manche dieser Gäuche, Die spindeldürre gekommen ins Land, Die haben jetzt dicke Bäuche. Die bla**en Kanaillen, die ausgesehn Wie Liebe, Glauben und Hoffen, Sie haben seitdem in unserm Wein Sich tote Nasen gesoffen – – – Und die Freiheit hat sich den Fuß verrenkt, Kann nicht mehr springen und stürmen; Die Trikolore in Paris Schaut traurig herab von den Türmen. Der Kaiser ist auferstanden seitdem, Doch die englischen Würmer haben Aus ihm einen stillen Mann gemacht, Und er ließ sich wieder begraben. Hab selber sein Leichenbegängnis gesehn, Ich sah den goldenen Wagen Und die goldenen Siegesgöttinnen drauf, Die den goldenen Sarg getragen. Den Elysäischen Feldern entlang, Durch des Triumphes Bogen, Wohl durch den Nebel, wohl über den Schnee Kam langsam der Zug gezogen. Mißtönend schauerlich war die Musik. Die Musikanten starrten Vor Kälte. Wehmütig grüßten mich Die Adler der Standarten. Die Menschen schauten so geisterhaft In alter Erinnrung verloren – Der imperiale Märchentraum War wieder heraufbeschworen. Ich weinte an jenem Tag. Mir sind Die Tränen ins Auge gekommen, Als ich den verschollenen Liebesruf, Das »Vive l'Empereur!«, vernommen.