CAPUT XII Im nächtlichen Walde humpelt dahin Die Chaise. Da kracht es plötzlich – Ein Rad ging los. Wir halten still. Das ist nicht sehr ergötzlich. Der Postillion steigt ab und eilt Ins Dorf, und ich verweile Um Mitternacht allein im Wald. Ringsum ertönt ein Geheule. Das sind die Wölfe, die heulen so wild, Mit ausgehungerten Stimmen. Wie Lichter in der Dunkelheit Die feurigen Augen glimmen. Sie hörten von meiner Ankunft gewiß, Die Bestien, und mir zur Ehre Illuminierten sie den Wald Und singen sie ihre Chöre. Das ist ein Ständchen, ich merke es jetzt, Ich soll gefeiert werden! Ich warf mich gleich in Positur Und sprach mit gerührten Gebärden: »Mitwölfe! Ich bin glücklich, heut In eurer Mitte zu weilen, Wo soviel edle Gemüter mir Mit Liebe entgegenheulen. Was ich in diesem Augenblick Empfinde, ist unermeßlich; Ach, diese schöne Stunde bleibt Mir ewig unvergeßlich. Ich danke euch für das Vertraun,
Womit ihr mich beehret Und das ihr in jeder Prüfungszeit Durch treue Beweise bewähret. Mitwölfe! Ihr zweifeltet nie an mir, Ihr ließet euch nicht fangen Von Schelmen, die euch gesagt, ich sei Zu den Hunden übergegangen, Ich sei abtrünnig und werde bald Hofrat in der Lämmerhürde – Dergleichen zu widersprechen war Ganz unter meiner Würde. Der Schafpelz, den ich umgehängt Zuweilen, um mich zu wärmen, Glaubt mir's, er brachte mich nie dahin, Für das Glück der Schafe zu schwärmen. Ich bin kein Schaf, ich bin kein Hund, Kein Hofrat und kein Schellfisch – Ich bin ein Wolf geblieben, mein Herz Und meine Zähne sind wölfisch. Ich bin ein Wolf und werde stets Auch heulen mit den Wölfen – Ja, zählt auf mich und helft euch selbst, Dann wird auch Gott euch helfen!« Das war die Rede, die ich hielt, Ganz ohne Vorbereitung; Verstümmelt hat Kolb sie abgedruckt In der »Allgemeinen Zeitung«.