Ich wand're immer in Gedanken durch mein Niemandsland
Dort liegen alte Hände, große Spaten, späte Grüße im weißen Niemandssand
Dort wachsen blaue Gräser, Krüppelbäume in meinem Niemandssumpf
Dort springen krause Träume in der Frühe übers Moor
Dort sitzt der Mond am späten Nachmittag schon auf des Milchmanns Rumpf
Dort jagt die Trommel kalt die Bauern aus dem Bett
Und schlägt der Küster wild die Glocken, singen Knaben sehr lateinisch im Quartett
Ich wand're in Gedanken so durch meine Niemandsstadt
Wo in den Fenstern schon das Moos wächst, kein Mensch Mitleid hat
Wo auf dem Friedhof sich die Weiden biegen und die Astern stinken
Wo manchmal noch drei Kopftuchtanten aus der Apotheke winken
Wo gelbes Licht sich eitel Heimat schimpft
Und man die Kinder gegen Außenseiter impft
Halleluja, uja, uja
Weiß mir ein Blümlein blöde
Das wächst in meinem Herzen
Das blüht in meinem Kopfe
Macht Freude mir und Schmerzen
Ist voller Spott und spröde!
Ich wand're nicht durch Birkenhaine und Zitronengrün
Kein Mensch sieht mich auf Stoppelfeldern und beim Spatenstich
Ich wandre durch meine Niemandsstadt – vielmehr, sie wandert stets durch mich
Mit ihren Tropfsteinkellern, ihren Zwiebelmusterküchen
Mit ihren kleinkarierten Bettbezügen
Mit ihren Fliegenschränken und Familiensprüchen
Mit ihrem Sonntagsausflug, ihren Turnerriegen
Mit ihren konfessionsbewussten Kaffeekränzchen
Mit ihren Oster- Pfingst und Erntedankfesttänzchen
Mit ihren Schwänen, die nach Zwieback schrein
Mit ihrem Heimat-, Tier-, Natur- und Schutzverein
Mit ihren eingemachten Bohnen aus dem Fa**
Mit ihrem Fleiß, die Andern zu besiegen
Mit ihrem hausgemachten Ha**
Mit ihren Augen, die durch Wände fliegen
Halleluja, uja, uja
Weiß mir ein Blümlein grau
Das zuckt in meinem Herzen
Das klopft in meinem Kopfe
Macht Freude mir und Schmerzen
Und ist mal dumm, mal schlau!
Es fließt durch mich der Niemandsfluss
Er treibt mich fort, da wird kein Halt sein
Er lehrt mich rechnen – minus, plus
Und möchte, will und kann und muss
Am Ende wird ein unheimlicher Wald sein
Ein Wald von Sprüchen, Zahlen, Augen, Ohren – viele Hände
Und es wird höllisch kalt sein
Es fließt durch mich ein sinnloses Gelände
Ich werde alt sein
Und alles Wandern hat ein Ende
Halleluja, uja, uja
Weiß mir ein Blümlein bla**
Das schläft in meinem Herzen
Das stirbt in meinem Kopfe
Bracht Freude mir und Schmerzen
Und lebte nur zum Spaß –
Und lebte nur zum Spaß!