Im KZ von Sachsenhausen singt ein junger Mann
Einem anderen etwas in die Ohren.
'S ist ein Schlaflied für sein Söhnchen, das er weinend singt.
Er hat das Kind vor Wochen erst verloren.
Hat mit ansehen müssen, wie sie fortrissen das Kind
Und sein Köpfchen gegen Mauern schlugen.
In den Himmel hat sein toter Blick ein Loch gebrannt,
Bis sie es zum Krematorium trugen.
"Lulei, lulei, Söhnchen mein", so singt er seinen Schmerz.
Schweigend lauscht der andere der Weise.
Legt die Hand ihm auf den Arm und bittet: "Sing's nochmal.
Ich versuch' es ebenfalls ganz leise."
Noch eh' sie zu Bett gehen, hat er dieses Lied gelernt
Und verspricht es nie mehr zu vergessen.
Dieser stille Pole ist im Lager schon bekannt,
Denn er sammelt Lieder wie besessen.
Das, was aus der Seele kommt, sucht Raum in einem Lied
Und wenn sie ihm ihre Lieder geben
Wird mit diesem Boten, wenn er selber überlebt
Eine Nachricht ihres Lebens weiterleben.
Der Häftling Kulisiewicz hat das Lager überlebt;
Im Gedächtnis 700 Lieder.
Diese Last der Hoffnung war sein Lebenselixier.
Nach der Heimkehr schrieb er alle nieder.
Das, was aus der Seele kommt, sucht Raum in einem Lied
Will gehört sein, will, da** wir es singen.
Trauer, Schmerz und Hoffnung, Stolz und Lebensmut
Soll in and'ren Menschen weiterklingen