Heute findet jede Zeitung Größere Verbreitung Durch Musikkritiker! Und so hab' auch ich die Ehre Und mach jetzt Karriere – Als Musikkritiker – Ich hab' zwar koa Ahnung, was Musik ist Denn ich bin beruflich Pharmazeut – Aber ich weiß sehr gut, was Kritik ist: Je schlechter, desto mehr freu'n sich die Leut'! (Hähähähähä) Es gehört zu meinen Pflichten Schönes zu vernichten – Als Musikkritiker Sollt' ich etwas Schönes finden Muss ich's unterbinden – Als Musikkritiker! Mich kann auch kein Künstler überlisten Da ich ja nicht verstehe, was er tut Drum sag' ich von jedem Komponisten: Erst nachdem er tot ist, ist er gut! Ja, endlich hab' ich einen Posten Und die Zeitung lässt es sich was kosten! Ich sitz' auf dem ersten Platze Und die Sänger sehen meine Fratze! Orff und Egk und Boris Blacher Fürchten meine hohnerfüllten Lacher! Hindemith, Strawinski und Varèse Sind zwar gut, doch ich bin bese . . . Ja, ich könnt' zufrieden sein Das Schicksal hat mich reich beschert. Aber, oh, mich belastet nur eine Verrücktheit Ich merk' es in jedem Konzert – Ich seh', wie das Publikum weich wird wie Wachs Wenn Musik alle Sinne bewegt Ich seh', wie beim Zuhör'n manch' trutzigem Manne Ein Tränchen die Brille beschlägt Nur für mich hat das Zuhör'n keinen Sinn – Weil ich unmusikalisch bin! Ich seh', wie ein liebliches Mädchen Die Hand ihres Jünglings ergreift und sie drückt Wie ein Großmutterl zitternd die Halskette auszieht Weil sie sonst vor Rührung erstickt Nur ich sitz' da und hör' nicht einmal hin – Weil ich unmusikalisch bin! Zu Weihnachten schenkt man mir immer – Platten Ich brauch' Krawatten Und neue Schuh'! Wo ich auf Besuch bin, spielt man Platten – Ich sitz' im Schatten Und hör' nicht zu Aber And're hör'n zu, und der Zauber der holden Musik Macht die ganze Welt schwach Die Bösen wer'n gut und die Kranken gesunden – Besonders bei Mozart und Bach Nur ich sitz' da und kratz' mich stur am Kinn – Weil ich unmusikalisch bin! Tja, als Kind hab' ich zwar Klavier gelernt Und übte brav zu Haus Doch über gewisse Stücke Kam ich nie hinaus! Dann hab' ich auch noch Geige gelernt Und übte brav und viel Und dann ist mein Geigenlehrer g'storben Und hat mir sein Geld vermacht – Unter der Bedingung, da** ich nie mehr spiel'!
Aber etwas musste ich schließlich tun So versuchte ich es als Autor Und ein Verleger, zu dem ich kam Flüsterte mir ins Ohr: "Schreiben Sie doch ein Buch über Schubert Schreiben Sie doch ein Buch über Schubert!" Also ging ich froh nach Hause Setzte mich nieder, und ich schrieb: "Schubert war ein stierer Großer Komponierer. Er hat nie ein Geld gehabt Also ist er heute der Verlierer Er schrieb gar viele Töne Sicher auch wunderschöne – Für mich sind sie leider bestialisch Denn ich bin ganz unmusikalisch! Ob es jetzt Schubert oder Tschaikowski Brahms oder Liszt oder Dnjepropetrowski Ob Sinfonie oder Ouvertüre Rock 'n' Roll oder Die Walküre Zauberflöte, Verkaufte Braut – Für mich ist das alles nur – laut!" Das Buch war sofort ein Riesenerfolg Und es sagten mir viele Herr'n: "Genial! Großartig! Sie müssen Kritiker wer'n!" Ich sagte: "Ja!" Und es geschah . . . Ich geh' in Konzerte und Opern hinein Und ich hör' mir den Unsinn dort an – Den Leuten gefällt's und ich komm zu dem Schluss: An Musik ist vielleicht etwas dran! Nur was dran ist, will mir nicht in den Sinn – Weil ich unmusikalisch bin Die Orgel erklingt Und ein Knabenchor singt Und der Kontrapunkt tut sich verzweigen Die Pauke zersplittert Der Kapellmeister zittert Und angeblich schluchzen die Geigen Am Schluss erdröhnt ein donnernder Applaus – Ich bin der einzige unmusikalische Mensch im Haus! . . . Aber: Heute findet jede Zeitung Größere Verbreitung Durch Musikkritiker Und so hab' auch ich die Ehre Und mach' jetzt Karriere – Als Musikkritiker Ich hab' diesen Posten schlau erbeutet Und ich ha**e nicht so wie Musik Und da** mir Musik so nichts bedeutet Zahl' ich jetzt den Musikern zurück! Ha, wartet nur, ihr sollt es büßen Lebet zu den Füßen Des Musikkritikers! Da** die Welt es wisse: Lest die lustigen Verrisse Des Musikkritikers! Ich bin konsequent Und ich erkenne kein Talent Und da ich weiß, da** ich nichts kann La**' ich auch niemand ander'n ran Und der Redakteur Schätzt meine schlechte Meinung sehr: Schreit auch's Publikum: "Hurra!" – Das nützt euch nichts, denn ich bin da! Und eure Kollegen Geb'n mir immer ihren Segen Denn jedem Künstler ist es recht Spricht man von ander'n Künstlern schlecht! – Nieder mit Musik!!!