Marie. (sitzt, ihr Kind auf dem Schooß, ein Stückchen Spiegel in der Hand. Bespiegelt sich.) Was die Steine glänzen? Was sind's für welche? Was hat er gesagt? — — Schlaf Bub! Drück die Augen zu, fest. (Das Kind versteckt die Augen hinter den Händen) Noch fester! Bleib so — still! oder er holt Dich! (Singt.)
Mädel, mach 's Lädel zu!
's kommt ein Zigeunerbu,
Führt dich an seiner Hand
Fort ins Zigeunerland.
(Spiegelt sich wieder.) 's ist gewiß Gold! Unsereins hat nur ein Eckchen in der Welt und ein Stückchen Spiegel, und doch hab' ich einen so rothen Mund, als die großen Madamen mit ihren Spiegeln von oben bis unten und ihren schönen Herren, die ihnen die Händ' küssen, und ich bin nur ein arm Weibsbild! .. (Das Kind richtet sich auf.) Still, Bub, die Augen zu! Das Schlafengelchen! .. (sie blinkt mit dem Glas) .. wie's an der Wand läuft! — Die Augen zu, oder es sieht dir hinein, daß du blind wirst.
(Woyzeck tritt herein, hinter sie. Sie fährt auf, mit den Händen nach den Ohren.)
Woyzeck Was hast da?
Marie. Nix!
Woyzeck Unter deinen Fingern glänzt's ja.
Marie. Ein Ohr-Ringlein, — habs gefunden —
Woyzeck Ich hab so noch nix gefunden! — Zwei auf einmal!
Marie. Bin ich ein schlecht Mensch?
Woyzeck 's ist gut, Marie. — Was der Bub schläft! Greif ihm unter's Aermchen, der Stuhl drückt ihn. Die hellen Tropfen stehen ihm auf der Stirn … Alles Arbeit unter der Sonne, sogar Schweiß im Schlaf. Wir arme Leut! … Da ist wieder Geld. Marie, die Löhnung und was von meinem Hauptmann und vom Doktor.
Marie. Gott vergelts, Franz.
Woyzeck Ich muß fort. Heut Abend, Marie, Adies!
Marie. (allein, nach einer Pause). Ich bin doch ein schlecht Mensch. Ich könnt mich erstechen. — Ach! Was Welt! Geht doch Alles zum Teufel, Mann und Weib!