Schönen Kindern Lieder singen
Ist das Amt der Poesie
Und für sie die Laute zwingen
Nichts als angenehme Müh'!
Denn der Strahl von ihren Kerzen
Zündet Blut und Geister an
Daß man bei galantem Scherzen
Desto netter spielen kann!
Jetzt erweckst du meine Flöten
Du, o hoffnungsvolles Kind!
Spötter sprechen, daß Poeten
Nur galante Lügner sind –
Diesen Satz zu widerlegen
Braucht es nichts als dies mein Blatt
Welches bloß der Wahrheit wegen
Seine Schönheit von dir hat!
Wie an schlanken Zederstämmen
Zweig' und Gipfel munter stehn
Und, die Kiefern zu verdämmen
Täglich stärk' und höher gehn
So erhebt dich in der Menge
Vieler Schönen unsrer Zeit
Die so wohlgestalte Länge
Und der Glieder Artigkeit!
Wie der Sonne frühes Blitzen
Wenn der Tau das Erdreich kühlt
Auf den halbgebrochnen Spitzen
Junger Rosenknöpfe spielt –
Also spielt auf Stirn' und Wangen
Eine blumenreiche Pracht
Die schon manchem ein Verlangen
Wie den Eltern Freude macht!
In der Augen Farb' und Flammen
Spiegelt sich des Himmels Bild
Milch und Blut fließt da zusammen
Wo der Küsse Nektar quillt!
Fessel an das Herz zu legen
Brauchst du nur ein einzig Glied
Das durch artiges Bewegen
Aller Neigung an sich zieht!
Bäume ziert so Laub als Blüte
Doch dies ist nur halber Schein
Von der innerlichen Güte
Müssen Früchte Zeugen sein:
Deines Leibes holde Gaben
Lehren in des Alters Mai
Daß ein Geist, den wenig haben
Seiner Schönheit Schönheit sei!
Sitten, Mienen, Wort und Blicke
Zeigen Sanftmut, Witz und Kunst
Drum verspricht dir auch das Glücke
Den Bestand von seiner Gunst!
Laß viel stolze Mädchen höhnen
Und aus blinder Mißgunst schmähn
Dir verbleibt der Ruhm der Schönen
Die auf guten Wandel sehn!
O welch zärtliches Entzücken
O welch sanfter Keuschheitszoll
Wird einmal den Mund erquicken
Dem dein Erstling werden soll!
O was wird der Mutter Liebe
Für vergnügte Stunden sehn
Wenn so manches Freiers Triebe
Nach der liebsten Tochter flehn!
Dieser Tag, der dich der Erden
Als ein Kleinod erst geschenkt
Soll so lang ein Festtag werden
Als er auf dein Wohlsein denkt –
Kummer, Unruh', Wolken, Regen
Schrecken, Bahre, Blitz und Nacht
Schonen seiner deinetwegen
Bis der letzte Morgen lacht!
Wachse nun an Glück und Jahren
So wie an Gefälligkeit –
Gott und Himmel wird nicht sparen
Was dir Lob und Lust verleiht!
Der Genuß von diesem Lichte
Sei dir noch so oft bestimmt
Als die Anmut im Gesichte
Und im Herzen Tugend glimmt!