Die Mitternacht zog näher schon In stummer Ruh' lag Babylon Nur oben in des Königs Schloss Da flackert's, da lärmt des Königs Tross! Da oben in des Königs Saal Belsazar hielt sein Königsmahl – Die Knechte saßen in schimmernden Reih'n Und leerten die Becher mit funkelndem Wein! Es klirrten die Becher, es jauchzten die Knecht' – So klang es dem störrigen Könige recht! Des Königs Wangen leuchten Glut – Im Wein erwuchs ihm kecker Mut! Und blindlings reißt der Mut ihn fort Und er lästert die Gottheit mit sündigem Wort Er brüstet sich frech und lästert wild – Die Knechtschaar ihm Beifall brüllt! Der König rief mit stolzem Blick – Der Diener eilt und kehrt zurück Er trug viel gülden' Gerät auf dem Haupt Das war aus dem Tempel Jehovas geraubt! Und der König ergriff mit frevler Hand Einen heiligen Becher, gefüllt bis zum Rand Und er leert ihn hastig bis auf den Grund Und ruft laut mit schäumendem Mund: "Jehovah! Dir künd' ich auf ewig Hohn – Ich bin der König von Babylon!" Doch kaum das grause Wort verklang Dem König ward's heimlich im Busen bang Das gellende Lachen verstummte zumal – Es wurde leichenstill im Saal! Und sieh! Und sieh! An weißer Wand Da kam's hervor wie Menschenhand Und schrieb, und schrieb an weißer Wand Buchstaben von Feuer – und schrieb und schwand! Der König stieren Blick's da saß Mit schlotternden Knien und todtenbla** – Die Knechtenschaar saß kalt durchgraut Und saß gar still und gab keinen Laut1 Die Magier kamen, doch keiner verstand Zu deuten die Flammenschrift an der Wand – Belsazar ward aber in selbiger Nacht Von seinen Knechten umgebracht!